Building – Information – Modeling _ Mode oder Mehrwert?

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Die Zeiten als Architekten und Ingenieure noch mit Tuschestiften und Rasierklingen an Reißbrettern saßen gehören längst der Vergangenheit an. Vorbei auch die Zeiten von Transparentpausen, die noch per Hand umständlich kopiert und vervielfältigt werden mussten, und Nerven raubenden Änderungen mit Rasierklingen und Korrekturstiften. Heutzutage regiert stattdessen in fast allen Architektur- und Ingenieurbüros das Computer Aided Design – System. Besser bekannt unter der Abkürzung CAD. Statt den Bauherren die Entwurfsideen mit Modellen näher zu bringen, sind mittlerweile, dank des CAD – Systems, virtuelle Rundgänge mit Licht- und Sonnenstudien möglich, die bequem auf einem Tablet – PC verkaufswirksam präsentiert werden können.

Die früher so verhassten Plankorrekturen und Änderungen sind heute im Vergleich zu früher ein Klacks. Auch ist eine Zeichnung per CAD auf den Zehntelmillimeter genau, was besonders im Maschinenbau viele Vorteile ermöglicht. Doch leider gibt es neben den vielen Arbeitserleichterungen und Vereinfachungen auch Nachteile. Denn die Einführung des Computers sowie die Erfindung von Smartphone und Tablet – PC haben nicht nur die Arbeit der Bauzeichner und technischen Zeichner revolutioniert, sondern nehmen auch großen Einfluss auf die Arbeitsabläufe von Architekten und Ingenieuren. Durch die mobile Kommunikation finden viele Arbeitsschritte bereits auf der Baustelle statt. Auch das Thema Heimarbeit gewinnt in der heutigen Zeit immer mehr an Bedeutung. Früher gab es eine originale Transparentpause, die von einem Mitarbeiter bearbeitet werden konnte. Diese und die Tuschestifte konnten überall problemlos mit hingenommen und Änderungen eingetragen werden. Da das Original immer nur bei einer Person verbleiben konnte und von dieser weitergeben wurde, existierte ausschließlich ein aktueller Planstand mit allen eingetragenen Änderungen. Auf den ersten Blick ist das mit CAD – Plänen auch kein Problem, doch sobald mehrere Mitarbeiter eines Büros, oder sogar zusätzliche Fachplaner an einem Projekt beteiligt sind können schnell Probleme auftreten. Datenaustauschformate, wie DWG- oder DXF – Dateien, werden erzeugt und an Fachplaner weitergegeben, deren Informationen später dem Projekt wieder hinzugefügt werden. Da das manuelle Einarbeiten häufig umständlich und zeitraubend ist, werden die neu erzeugten DWG- und DXF – Dateien wieder eingelesen und Projektstände überschrieben. Häufig gehen dabei Informationen auf unterschiedlichen Ebenen verloren. Spätestens wenn mehrere Dateiversionen eines Projektes mit unterschiedlichen Projektständen auftauchen ist das Chaos perfekt. Datenverluste und fehlerhafte bzw. unvollständige Datenübernahmen sind vorprogrammiert. Was das für ein Projekt im Zweifel bedeuten kann, mag man sich kaum ausmalen und doch entstehen genauso häufig erhebliche Planungsfehler, die eigentlich hätten vermieden werden können.
Genau dieses Problem hat die Softwareindustrie auch erkannt und bietet dafür jetzt eine Lösung an: BIM – Building Information Modeling. Unter diesem Begriff wird eine Softwarelösung verstanden, die hauptsächlich in der Bau- und Immobilienwirtschaft anhand eines dreidimensionalen Gebäudemodells Schnittstellen übergreifende Teamarbeit von Entwurfs- und Ausführungsplanungen ermöglicht. Dabei bedeutet „Teamarbeit“ nicht ausschließlich die Zusammenarbeit von Mitarbeitern Büro intern, sondern auch die Kooperation zwischen einzelnen Unternehmen. Hintergrund dieser neuen Arbeitsweise ist die Erkenntnis, dass während einer Projektlaufzeit vielfach Arbeitsschritte doppelt und dreifach erfolgen, obwohl an anderer Stelle deren Ergebnisse bereits vorliegen. Beispielsweise werden im Rahmen einer Ausschreibung Flächen und Bauteilmassen ermittelt, die einzelne Fachplaner ohne einen Datenaustausch noch einmal ermitteln müssten.
Das Funktionsprinzip von BIM – Systemen basiert auf einer einfachen Serverlösung in Verbindung mit einem geeigneten CAD – Programm. Auf dem sogenannten BIM – Server wird eine Projektdatei angelegt – vergleichbar mit der ursprünglichen Originalpause, nur digital. In einem weiteren Schritt werden einzelne Nutzerprofile angelegt, denen unterschiedliche Bearbeitungsmöglichkeiten zugewiesen werden. Diese reichen von der Leseberechtigung bis zur kompletten Bearbeitung des Projektes. Dabei können ebenso einzelne Bauteile wie auch gesamte Geschosse an einen Nutzer verteilt werden. Um eine doppelte Bearbeitung zu vermeiden, werden die zugewiesenen Bereiche für den Nutzer reserviert und können nur noch von diesem bearbeitet werden oder alternativ von diesem an einen anderen Benutzer übergeben werden. Dazu ist in vielen BIM – Systemen eine Art Chat integriert, mit dem man auch Anfragen an Mitarbeiter in externen Büros oder im Homeoffice stellen kann.
Jeder Bearbeiter bekommt von dem Server eine Kopie des Projektes zur Verfügung gestellt, die auf seinem Rechner bearbeitet werden kann. Dabei sieht er zwar den gesamten Projektstand, kann aber nur Veränderungen an den ihm zugewiesenen Bauteilen oder Geschossen vornehmen. Beispielsweise werden die Grundrisspläne eines Objektes von einem Architekten an einen Statiker weitergegeben. Der Statiker hat dann die ihm zugewiesene Berechtigung die Dimensionierungen der einzelnen Bauteile einzutragen, darf aber nicht zusätzliche Fenster einfügen. Dafür bräuchte er dann die Freigabe der entsprechenden Bauteile durch den Architekten.
Hat der Statiker nun seine Informationen in die Pläne eingefügt synchronisiert er seine Projektdatei mit dem BIM – Server. Dieser aktualisiert die Originaldatei, so dass alle anderen Nutzer, sofern Sie mit dem Server verbunden sind, umgehend die Informationen des Statikers erhalten. Andersherum erhält der Statiker umgehend eine Aktualisierung seiner Datei, wenn der Architekt Wände verschoben oder zusätzliche Öffnungen in die Zeichnungen eingefügt hat.
Die großen Vorteile dieser Methode liegen besonders bei den kurzen Informationswegen und der Effizienz durch die Nutzung eines Informationspools. Viele unterschiedliche Fachinformationen laufen an einem Punkt zusammen und können von anderen Projektbeteiligten genutzt werden. Diese Nutzung geht sogar über die Planungs- und Ausführungsphase hinaus, bis hin zum Facility Management. Übergabeverluste werden dadurch fast gänzlich ausgeschlossen.
Nachteile könnten durch die unterschiedlichen CAD – Systeme entstehen. Da jedes CAD – System auf unterschiedlichen Konstruktionsmethoden basiert, sollte eine Kompatibilität zwischen den verschiedenen Programmen entstehen. Bisher funktionieren BIM – Modelle hauptsächlich CAD intern. Das heißt ein Softwareanbieter stellt den Nutzern derselben Software die Möglichkeit zur Verfügung die BIM – Methode zu nutzen. Wie sich ältere Softwareversionen oder gar unterschiedliche Softwarelösungen miteinander „vertragen“ bleibt abzuwarten. Einen weiteren Nachteil stellt der Nutzer selber dar. Neben einer ausreichenden Qualifikation, erfordert die BIM – Methode eine konsequente Umstrukturierung der bisherigen Arbeitsabläufe in den Büros. Besonders für ältere, nicht so Computer affine Mitarbeiter kann dieses zu einem großen Problem werden. Auch erfordert die BIM – Methode ein sehr strukturiertes und gewissenhaftes Vorgehen. Sobald Änderungen an einem Projekt erfolgt sind und in der Datei nicht mehr gearbeitet wird muss umgehend eine Synchronisation mit dem BIM – Server erfolgen. Geschieht dies nicht, können die Arbeitsabläufe schnell ins Stocken geraten.
Zu klären sind ebenfalls die rechtlichen Konsequenzen, die aus einer solchen Arbeitsweise resultieren.
Bisher findet die BIM – Methode hauptsächlich bei großen Unternehmen Anwendung. Doch das soll sich nach Meinung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Ener¬gie (BMWi) bald ändern.
Ganz aktuell hat das BMWi in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und fünf weiteren Projektpartnern das dreijährige Forschungsprojekt „BIMiD – BIM-Referenzobjekt in Deutschland“ initiiert, was „anhand ei¬nes konkreten Bauprojekts beispielhaft BIM-Methoden demonstrieren und evaluieren wird“ (vgl. BIMiD Pressemitteilung Nr. 1 vom 06.02.2014). Dabei soll erforscht werden, ob und wie sich das BIM nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für kleine und mittelständige Unternehmen (KMU) sinnvoll einsetzen lässt. Hauptziel des Forschungsprojektes ist eine Zusammenfassung der „möglichen Effizienz- und Qualitätssteigerungen“ (vgl. BIMiD) in Verbindung mit konkreten Handlungsempfehlungen für mögliche Anwender. Zusätzlich sollen mögliche Probleme, die durch den Nutzer „Mensch“ entstehen, verifiziert und Lösungsmöglichkeiten gefunden werden. Die Zielvorstellung ist es, eine breite Akzeptanz für die BIM – Methode in der deutschen Bauwirtschaft zu schaffen. Beginn des Auswahlverfahrens für ein Referenzprojekt war am 06.02.2014. Nähere Informationen zu dem Forschungsprojekt wurden am 21.03.2014 beim 10. Oldenburger Bautag an der Jade Hochschule am Standort Oldenburg bekannt gegeben.
Abschließend lässt sich sagen, dass die BIM – Methode besonders in der Kommunikation untereinander Veränderungen mit sich bringen wird. Kurze, schnelle Dienstwege fördern die Effizienz, integrierte Projektchats machen eine Onlinekommunikation auch von zu Hause aus möglich. Die BIM – Methode ist also ein Ausdruck unseres modernen Zeitalters. Schneller, effizienter und teamfähig.

 Autorin: Dipl.-Ing. (FH) Arch. Sarah Zietek