Architekturreise: Funchal auf Madeira (AFA-Ausgabe 4/2013)

0

Die portugiesische Insel Madeira befindet sich im Atlantik, etwa 1000 km von Lissabon und 800 km von Marokko entfernt. Der Name Funchal bedeutet „viel Fenchel“ und bezeichnet die heutige Hauptstadt der portugiesischen Insel sowie den dazugehörigen Distrikt, der sich im Süden befindet.

Die meisten Besucher erreichen Madeira mit dem Flugzeug. Der Flughafen „Santa Catarina“ liegt im Osten der Insel in unmittelbarer Nähe der Stadt Santa Cruz. Schon der Anflug auf den Flughafen ist sehr speziell und will daher hier erwähnt werden. Lange Zeit galt er als einer der schwierigsten überhaupt, da es aufgrund seiner Lage an einem Steilküstenhang mit gelegentlich auftretenden Schwerwinden sowie einer vergleichsweise kurzen Landebahn immer wieder zu turbulenten Landungen und auch zu schweren Unfällen kam. Nur besonders geschulte und erfahrene Piloten durften die Landungen durchführen. Seit September 2000 gibt es nun eine um 1020 m auf 2777 m verlängerte Landebahn, die mittels eines aufwändigen und imposanten Stützenbauwerks ins Meer hinein gebaut wurde. Es wurden Betonpfeiler von 3m Durchmesser und einer Länge von bis zu 120 m verbaut. Hiervon sind bis zu 59 m oberirdisch, der Rest wurde im Meeresboden verankert. Das Gebäude und die verantwortliche brasilianische Ingenieurgesellschaft, Andrade Gutierrez, erhielten 2004 den „Outstanding Structure Award“ der IABSE. Ebenfalls am Flughafen wird man zum ersten Mal den „Azulejos“ begegnen, den bekannten blauen Kacheln, auf denen Szenen aus dem Leben der Madeirenser dargestellt werden. Sie sind ein Erbe der Mauren, die auch die Architektur auf der Insel geprägt haben und sind sowohl auf der Fassade als auch im Innenraum verschiedenster Gebäude in Funchal zu sehen.

Madeira ist gemeinhin als „Blumeninsel“ des Atlantik bekannt. In der Hauptstadt Funchal, die sich, umgeben von imposanten Bergen, in einer Art Talsenke am Meer befindet, gibt es eine üppige Vegetation und zahlreiche Gärten. Der bekannteste ist wohl der tropische Garten „Nossa Senhora do Monte“, welcher auf dem Berg Monte liegt und den man man per Seilbahn, dem so genannten „teleférico“, erreicht. Für die rasante Abfahrt verwenden Touristen gerne die bekannten Korbschlitten, mit denen sie wieder ins Tal gefahren werden.

Funchal hat aber gerade auch in architektonischer Hinsicht Vieles zu bieten. Wenn man seine Besichtigungstour mit den historischen Gebäuden beginnen möchte, so ist das Viertel Sé im Zentrum von Funchal am Meer sicher ein guter Startpunkt. Dort befindet sich die Kathedrale Sé, genauer „Sé Catedral de Nossa Senhora da Assunção“ in der Rua da Sé. Mit dem Bau der Kirche wurde 1500 begonnen. 1508 wurde sie eingeweiht und 1514 von der Kirche zur Kathedrale erhoben als Funchal zum dritten Bischofssitz Portugals ernannt wurde. Die Kirche verbindet südeuropäischen Gotik mit maurischen und manuelinischen Elementen sowie der lokalen Inselarchitektur. Die Natursteinfassade ist recht schlicht, teilweise weiß verputzt, und wird von einer Turmspitze aus vielfarbigen Kachelschindeln gekrönt. Auf der Apsisseite gibt es schraubenartig gedrechselte Türmchen und eine verschnörkelte Brüstung zu sehen. Im Inneren verbinden zehn gotische Bögen die Kirchenschiffe miteinander. Das vergleichsweise spärliche Tageslicht fällt durch lediglich acht manuelinische Fensterluken, eine Fensterrosette im Bereich des Portals und einige schmale, längliche Fernster über dem Alterraum. Auffällig schön ist die aus dem 16. Jahrhundert stammende Holzdecke mit ihren Elfenbeinintarsien. Die ehemals prunkvolle Einrichtung der Kathedrale ist inzwischen in den Museen der ganzen Stadt verteilt. Von der ursprünglichen Ausstattung sind noch das Taufbecken, die Kanzel und der kleine Hochaltar in der Kirche verblieben. Von hier aus gelangt man in wenigen Gehminuten zum dem etwas weiter nordöstlich gelegenen Rathaus, der „Câmara Municipal do Funchal“. Es befindet sich am gepflasterten Platz „Praca do Municipo“, einem der schönsten Plätze Funchals. Das Rathaus liegt an dessen Stirnseite. Es ist ein Barockpalast aus dem 18. Jahrhundert, den die Stadt im Jahr 1883 einer wohlhabenden Familie abkaufte und bis heute nutzt. Das zweigeschossige Gebäude besitzt ein verziertes in Stein gemeißeltes Eingangsportal und fällt durch die im Obergeschoss mit Balkonen versehenen Fensterreihe auf. Auf der Nordwestseite des Platzes findet man das frühere Jesuitenkolleg mit der beeindruckenden Kirche „Igreja do Colégio“ aus dem 17. Jahrhundert. Die Kirche ist ein prachtvolles Beispiel für die Verbindung des manieristischen und barocken Baustil, den es auf der Insel öfter zu sehen gibt. Heute sind hier Räumlichkeiten der Universität Madeira untergebracht. Direkt gegenüber der Kirche befindet sich außerdem der Bischofspalast der heute das Museums für sakrale Kunst beherbergt.

Funchal war seit jeher Ziel von Piratenübergriffen. 1566 traf es die Stadt besonders heftig. Die damalige Festung konnte den Angriffen nicht standhalten, weshalb man sich nach und nach an verschiedenen Orten in der Stadt verstärkte, so dass man noch heute mehrere Befestigungsbauten besichtigen kann. Ebenfalls im Stadtviertel Sé befindet sich die Festung bzw. der „Palácio de São Lourenço“. Er wurde bis ins 19. Jahrhundert stetig ausgebaut und vergrößert und zählt heute zu den besterhaltensten Beispielen portugiesischer Befestigungsbauten des 16. und 17. Jahrhunderts im maurischen Stil. Aktuell gibt es hier eine Dauerausstellung zur Geschichte der Festung zu sehen, die vom Militärkommando organisiert wird, das neben dem amtierenden Ministerpräsidenten derzeit die Räumlichkeiten nutzt. Eine weitere Festung ist die ockergelbe „Fortaleza de Santiago“, die sich im östlichen Teil der Stadt im Viertel São Pedro befindet und 1614 errichtet wurde. Bis 1922 diente das Fort rein militärischen Zwecken. Seitdem wird es für kulturelle Veranstaltungen genutzt und beherbergt heute das Museum für zeitgenössische Kunst. Die „Fortaleza de São João do Pico“, wurde erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts fertiggestellt. Sie liegt auf der 111 m hohen Anhöhe Pico dos Frias und gehört seit dem 20. Jahrhundert der Marine. Seit 1943 steht der gesamte Gebäudekomplex unter Denkmalschutz. Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall, da man von der leicht erhöhten Position einen guten Blick über Funchal und das Meer hat.

Auf jeden Fall einen Ausflug wert und wahrscheinlich das bekannteste Bauwerk Funchals ist Oskar Niemeyers „Pestana Casino Park“ aus dem Jahre 1976. Es handelt sich hierbei um ein Ensemble aus Casinogebäude, Hotel und 15.000 m² großer Parkanlage mit Jahrhunderte alten Bäumen und typischen Pflanzen der Insel. Das Casino selbst besteht aus kreisförmig gruppierten vertikalen Betonrippen und erinnert damit an einen Vulkan. Im Innenraum beeindruckt es mit seiner Weitläufigkeit und dem Spiel mit dem Tageslicht. Es ist über eine Brücke mit dem dazu gehörigen Hotel verbunden. Das Hotel ist im Erdgeschoss aufgeständert und umgibt das Casino in Form eines Halbkreises.

Wen zeitgenössische Architektur besonders interessiert, dem ist ein Ausflug ins nahe gelegene Calheta zu empfehlen. Dort kann man ein Werk des erfolgreichen Architekten Paulo David, der in Funchal geboren wurde und auch heute hier lebt und arbeitet, besichtigen: das Kunstzentrum „Casas das Mudas“. Es handelt sich hierbei um ein aus heimischem Vulkangestein erbautes Kunstzentrum einschließlich Museum für moderne Kunst. Das Gebäude ist direkt an einer steil abfallenden Klippe erbaut worden. Der Besucher betritt es über das Dach und steigt dann bis zu 3 Stockwerke hinab. Dabei scheint das Museum mit seiner Umgebung zu verschmelzen – zum einen wegen der verbauten heimischen Materialien, zum anderen wegen der beeindruckenden Ausblicke auf den Atlantik, die es bietet. Hierfür wurde Paulo David 2004 für den Mies van der Rohe Preis nominiert.

Es zeigt sich also, dass die „Blumeninsel“ Madeira in Funchal auch Kultur- und Architekturinteressierte nicht zu kurz kommen lässt – und das, dank des durchgängig milden Klimas, praktisch das ganze Jahr.

Autorin: Eva Kruse-Bartsch

Bewohnte Immobilie wird aufgestockt

0

Es ist sicherlich eines der außergewöhnlichsten Projekte zum Thema Bauen im Bestand: Im Pariser Vorort Vélizy wird zum ersten Mal in Europa eine bewohnte Immobilie nach oben aufgestockt und zusätzlich durch eine Tiefgarage erweitert.

Die Sicherheitsvorkehrungen bei diesem Projekt sind extrem hoch, um die Bewohner und alle ausführenden Gewerke optimal zu schützen. Während der zwölfmonatigen Bauzeit sichern aufwändige Gerüstkonstruktionen die komplette Baustelle. Alle Fassadenbereiche des gesamten Gebäudekomplexes wurden im Auftrag der bauausführenden Lacroix Grou¬pe GCBTP aus Nanterre mit Gerüsten aus dem Hause Harsco eingerüstet.

Besonderheit hierbei: Die Balkone mussten ausgespart werden, damit für mögliche Lösch- und Rettungs¬arbeiten ein schneller Zugang gewährleistet ist. Außerdem sorgen verschiedene Höhenzu¬gänge aus Harsco-Gerüstmaterial – beispielsweise Treppentürme und Hängestege – für einen sicheren Zugang zu den hoch gelegenen Arbeitsplätzen. Rund 160 000 Tonnen Gerüstmaterial sind auf der Baustelle im Einsatz – sowohl der Rah¬mengerüstklassiker Bosta wie auch das vielfältig verwendbare Modulgerüst Modex.

Beide Gerüstsysteme sind miteinander kompatibel und werden auf der Pariser Baustelle systemü¬bergreifend eingesetzt. Ihr Markenzeichen: hohe Stabilität, enorme Robustheit und optimale Sicherheit. Das bauaufsichtlich zugelassene Rahmengerüst Bosta 100 eignet sich insbesondere als 100 cm breites Arbeits- und Schutzgerüst an der Fassade. Es erfüllt alle Anforderungen der DIN EN 12811 in den Lastklassen 4, 5 und 6 sowie die Sicherheitsvorschriften der Berufsgenossenschaften. Es verkraftet Flächenlasten bis 600 kg/m² und Teilflächenlasten bis 1.000 kg/m². Dennoch sind alle Bauteile so leicht und handlich, dass eine Person für die zwangsläufig richtige Montage reicht. Rahmen, Geländerriegel, Diagonalen und Bordbretter werden werkzeuglos miteinander verbunden. Das Modex-Modulgerüst eignet sich vor allem als Trag- und Raumgerüst, als Bewehrungs¬gerüst wie auch für Fassadenabstützungen und viele Sonderkonstruktionen. Außerdem las¬sen sich mit diesem System die unterschiedlichsten Zugangslösungen und Überbrückungen herstellen. Hohe Stabilität, leichte Montage und große Anpassungsfähigkeit zeichnen den ausgereiften Klassiker aus. Sein Grundprinzip ist der „Kraftknoten“: Im Raster von 50 cm sind so genannte Modex-Teller auf den Vertikalstielen angeordnet. Sie ermöglichen acht Anschlüsse in horizontaler und diagonaler Richtung, die höchsten Belastungen standhalten und den Modex-Konstruktionen eine hohe Steifigkeit verleihen. Auf der Pariser Baustelle verlässt man sich voll und ganz auf die hohe Sicherheit und Ein¬satzflexibilität beider Gerüstsysteme. Mit ihnen lassen sich alle anfallenden Sicherungs- und Zugangsaufgaben erfolgreich erfüllen.

Energiespeicher spielen zentrale Rolle bei der Umstellung auf dezentrale Energieversorgung

0

Anlagen für die Erzeugung von elektrischer Energie aus regenerativen Quellen, wie Sonnen- oder Windenergie, haben in den vergangenen Jahren in Deutschland vor allem dadurch einen Boom erlebt, dass die garantierten Einspeisevergütungen relativ hoch waren. Um den aktuellen Kostensteigerungen bei den Strompreisen entgegenzuwirken, werden die Einspeisevergütungen aber sukzessive abgesenkt. Dadurch steigt der Anreiz, die selbst erzeugte Energie hauptsächlich für den eigenen Bedarf zu verwenden, weil die Einspeisevergütung unter dem aktuellen Preis für den aus dem Netz bezogenen Strom liegt. Außerdem ist speziell für kleinere Photovoltaikanlagen, die zwischen Januar 2009 und März 2012 in Betrieb gegangen sind, im Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ein finanzieller Anreiz für den Eigenverbrauch vorgesehen (Eigenverbrauchsvergütung). Photovoltaik- und Windenergieanlagen haben einen Nachteil: Sie erzeugen nur dann Strom, wenn die Sonne scheint oder der Wind bläst. Diese Zeiten decken sich aber nicht unbedingt mit denen, in denen die elektrische Energie benötigt wird. Daher kann nicht immer der komplette selbsterzeugte Strom direkt verbraucht beziehungsweise der Bedarf gedeckt werden. Um den Eigenverbrauch bei solchen Anlagen zu erhöhen und den Autarkiegrad bei der Energieversorgung zu steigern, ist also eine Speicherung der elektrischen Energie notwendig.

Effiziente Speichermöglichkeiten für elektrische Energie Elektrische Energie zu speichern, ist mit unterschiedlichen Methoden möglich. Im großtechnischen Maßstab ist eine Speicherung elektrischer Energie vor allem notwendig, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Hierfür kommen beispielsweise Pumpspeicherkraftwerke zum Einsatz, bei denen die elektrische Energie eingesetzt wird, um Wasser in ein höher gelegenes Speicherbecken zu pumpen. Wird elektrische Energie benötigt, strömt das Wasser aus dem Speicherbecken und treibt Turbinen an, die dadurch wiederum elektrische Energie erzeugen. Auch die Speicherung der Energie in Form von Schwungrädern oder Druckluftspeichern sind Möglichkeiten, die zur Netzstabilität beitragen. Aktuelle Feldversuche untersuchen die Herstellung von Wasserstoff oder Methan, das gespeichert oder ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Mit solchen Power-to-Gas-Anlagen kann bei der Umwandlung in Blockheizkraftwerken gleichzeitig Wärme zum Heizen erzeugt werden (Kraft-Wärme-Kopplung). Für den Gebäudebereich setzt man überwiegend auf Akkumulatoren, die die elektrische Energie durch einen elektrochemischen Prozess speichern. Die älteste Form des Akkumulators – der Blei-Säure-Akkumulator – wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Seit etwa 20 Jahren steht mit dem Lithium-Ionen-Akkumulator ein elektrochemisches Speichermedium zur Verfügung, das verschiedene Vorteile im Vergleich zu Blei-Säure-Akkumulatoren hat, wie die höher erreichbare Energiedichte sowie die geringere Selbstentladungsrate. Lithium-Ionen-Akkumulatoren sind in Mobiltelefonen und Laptops weit verbreitet und entsprechend erprobt. Auch für den Ausbau der Elektromobilität spielt der Einsatz dieses Speichermediums eine entscheidende Rolle. Daneben sind im Gebäudebereich auch Systeme gefragt, die elektrischen Strom in Wärme speichern. Wenn die Heizungsanlage beispielsweise mit einer Wärmepumpe arbeitet, kann die elektrische Energie aus Solar- oder Windkraft verwendet werden, um sie in Form von warmem Wasser zu speichern. Batteriespeicher mit intelligentem Energiemanagement Auf Basis der Batterietechnologie sind inzwischen neben Lösungen für größere Quartiere und Gewerbeeinheiten auch solche für kleinere Gewerbebetriebe und sogar für Ein-Familien-Häuser erhältlich. Die Speicherleistung kann vom einstelligen Kilowatt- bis zum Megawattbereich variieren. Davon hängt natürlich auch die Größe des Energiespeichers ab, für eine kleine Gewerbeeinheit ist sie etwa vergleichbar mit einem herkömmlichen Kühlschrank. Die geeignete Speichergröße wird unter anderem aufbauend aus Lastprofilen, Kosten-Nutzen-Analysen und Strompreisen ermittelt. Eine intelligente Steuerung – ein so genanntes Energiemanagementsystem – sorgt dafür, dass mit dem selbst erzeugten Strom zunächst der aktuelle Bedarf gedeckt wird. Überschüssige elektrische Energie lädt dabei den Speicher auf. Erst wenn dieser vollständig geladen ist, speist das Energiemanagementsystem die weitere überschüssige Energie in das Versorgungsnetz ein. Beispielsweise nachts, wenn die Photovoltaikanlage keinen Strom erzeugen kann, versorgt der Energiespeicher die elektrischen Verbraucher. Erst wenn der Energiespeicher erschöpft ist, muss Energie aus dem Versorgungsnetz bezogen werden. Energiespeicher haben, wenn sich flächendeckend variable Strompreise durchsetzen, noch einen Vorteil: Durch das Laden eines Stromspeichers in lastschwacher Zeit und das Entladen bei Spitzenbedarf verringern sie den Strombezug in Zeiten hoher Strompreise. Light + Building zeigt dezentrale Energiespeicher Auf der Light + Building, die vom 30. März bis zum 4. April 2014 in Frankfurt am Main stattfinden wird, sind marktreife Lösungen für die dezentrale Energiespeicherung in Gebäuden ein zentrales Thema. Auf der Sonderschau „Smart Powered Building – Ihr Gebäude im Smart Grid“ werden zukunftsweisende Systemlösungen gezeigt, die Photovoltaik- und Windkraftanlagen mit dezentralen Energiespeichern wie Batterien oder Wärmepumpe verbinden und damit den Autarkiegrad der Energieversorgung in Gebäuden erhöhen. In interaktiven Computersimulationen können Fachbesucher energieoptimierte Lösungen für Gewerbegebäude abfragen unter Einbeziehung von Energieerzeugern, -verbrauchern, – speichern und der Anbindung an das Smart Grid. Die von der Messe Frankfurt mit Unterstützung des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) lancierte Sonderschau eignet sich zudem besonders gut als anschauliches Anwendungsbeispiel für die auf der Light + Building gezeigten Produkte und Lösungen aus den Produktbereichen Haus- und Gebäudeautomation sowie Elektrotechnik. Ergänzend zu der Sonderschau demonstriert das E-Haus des ZVEH (Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke) in Halle 8.0 realitätsnah, welche Möglichkeiten intelligente Gebäude in Bezug auf Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit geben. Ebenso zeigt es multifunktionale und generationenübergreifende Gebäudekonzepte auf der Basis von Vernetzung.  

Licht und Gesundheit: Die Wirkung dynamischer Beleuchtung auf den Menschen

0

Lange wurde Licht lediglich auf seine Grundfunktion heruntergebrochen: Helligkeit zu spenden, um Sehaufgaben auch nach Sonnenuntergang nachkommen zu können. Inzwischen hat man die enormen Auswirkungen des Lichts auf den Menschen und seine Gesundheit erkannt. Licht bestimmt maßgeblich unser Wohlbefinden, es steuert den Schlaf-Wach-Rhythmus und sorgt für verschiedenste Hormonausschüttungen im Laufe des Tages. Vor diesem Hintergrund kann Beleuchtung heute mittels moderner Lichttechnik beispielsweise in Krankenhäusern, Büros oder Schulen gezielt eingesetzt werden, um maßgeblich zur Genesung, Leistungs- oder Konzentrationssteigerung beizutragen.

Der dritte Fotorezeptor – Licht steuert die innere Uhr Dass dies überhaupt möglich ist, ist einer Entdeckung zu verdanken, die Forscher erst vor rund zehn Jahren machten: Im Jahr 2002 entdeckten sie neben Zapfen und Stäbchen einen dritten Fotorezeptor im Auge, die sogenannten Ganglienzellen, die auf der Netzhaut verteilt sind. Das Ungewöhnliche daran: Diese Zellen dienen nicht dem Sehen. Sie sind stattdessen direkt mit einem Hirnareal verbunden, das unsere „innere Uhr“ steuert und den Körper und seinen Stoffwechsel auf die Aktivitäten am Tag und die Ruhe in der Nacht einstimmt. Forschungen haben ergeben, wie genau sich das Tageslicht auf unseren Körper auswirkt, dass wir mittags ein Leistungstief haben, nachmittags eher schmerzunempfindlich sind und morgens unser Kurzzeitgedächtnis am besten arbeitet. Da Menschen in einer industrialisierten und durch ein festes Zeitraster geprägten Gesellschaft in der Regel nicht ihrem natürlichen Biorhythmus nachgehen können, sind Beleuchtungslösungen gefragt, die sich in positiver Weise auf den Rhythmus des Menschen auswirken.

Wirkung von dynamischer Beleuchtung Die Auswirkungen biologisch wirksamer Beleuchtung sind derzeit insbesondere für Büroarbeitsplätze interessant und werden in diesem Bereich zunehmend eingesetzt. Die sogenannte Tageslichtarchitektur setzt auf die möglichst intensive Nutzung des natürlichen Tageslichts, dem bei Bedarf Kunstlicht hinzugeschaltet wird. In Räumen oder Gebäuden mit wenig Tageslichteinfall kann hingegen der natürliche Tageslichtverlauf durch moderne Leuchtmittel und Lichtmanagementsysteme simuliert und damit der gleiche biologische Effekt erzielt werden: Am Morgen dient ein zusätzlicher Blauanteil der Anregung, hellblaues, konzentrationsförderndes Licht leuchtet am Nachmittag und eine sanftere Beleuchtung in Gelb- und Orangetönen begleitet in den Feierabend. Studien belegen, dass Mitarbeiter besser schlafen und am Tag leistungsfähiger sind, häufig geht auch eine Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens mit einher, was sich selbstverständlich auch auf die Arbeit und die Motivation auswirkt.

Eingesetzt werden sogenannte biologisch wirksame Beleuchtungslösungen natürlich auch im Gesundheits- und Bildungsbereich: Dynamische Beleuchtung wurde beispielsweise im Rahmen einer Studie in einem Seniorenheim in Österreich eingesetzt, in dem überwiegend Demenzkranke wohnen. Diese zeigen häufig einen unregelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus und wandern nachts ruhelos auf und ab. Die Forscher setzten eine Beleuchtungslösung ein, die verschiedene Lichtszenarien hinsichtlich Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur abspielen kann. Das Ergebnis: Die Bewohner waren je nach Lichtstimmung aufmerksamer, kommunikativer und aktiver. Durch die Aktivität am Tag normalisierte sich häufig auch der Schlaf-Wach-Rhythmus, es wurden somit weniger Schlafmittel eingesetzt. Eine andere an einer Schule durchgeführte Studie zeigte, dass Schüler durch dynamisches Licht im Klassenzimmer konzentrierter arbeiteten oder beruhigt werden konnten.

Auf den Menschen abgestimmtes Lichtmanagement im „LifeCycle Tower One“ Dabei kommt es jedoch nicht nur auf die Helligkeit und die Lichtfarbe an. Auch Einfallswinkel, Dynamik sowie Anteile von direktem und indirektem Licht sind ausschlaggebend für eine wirkungsvolle Simulation des Tageslichtverlaufs und die biologische Wirkung des Lichts. Wie eine auf den menschlichen Rhythmus abgestimmte dynamische Beleuchtung in der Praxis aussehen kann, zeigt ein innovatives Bürogebäude im österreichischen Dornbirn. Der „LifeCycle Tower One“ ist das erste achtgeschossige Holzhybridhaus weltweit: So ist im Inneren die Tragwerkskonstruktion aus Holz sichtbar, während die Außenhülle aus Aluminium besteht. Passend zur nachhaltigen Bauweise wurde ein intelligentes Lichtmanagementsystem eingesetzt. Über einen Tageslichtmessknopf auf dem Dach des Gebäudes wird jederzeit der exakte Lichteinfall berechnet. Dementsprechend steuert das System nur bei Bedarf künstliches Licht für jeden Raum individuell hinzu. Auch Farbtemperatur und Lichtmenge lassen sich über vorab definierte Lichtstimmungen abrufen. Zur Energieeinsparung sind in dem Gebäude zudem Anwesenheitssensoren installiert, sodass Licht und Heizung nur aktiviert sind, wenn sie tatsächlich gebraucht werden. Neben den positiven Effekten auf den Menschen ermöglicht die maximale Ausnutzung des Tageslichts auch eine nicht unerhebliche Energieeinsparung. So können sich die Mehrkosten für die Installation und Konzeption einer dynamischen Beleuchtung vergleichsweise rasch amortisieren – nicht zuletzt auch durch motiviertere, leistungsfähigere und gesündere Mitarbeiter.

„Licht und Gesundheit“ gehört zu den Top-Themen der kommenden Light + Building vom 30. März bis 4. April 2014 in Frankfurt am Main. Auf der weltgrößten Messe für Licht- und Gebäudetechnik zeigen die internationalen Hersteller neben Leuchten und innovativer neuer Lichttechnologie auf Basis von LED oder OLED, Systeme zur intelligenten Lichtsteuerung, die eine dynamische auf die Bedürfnisse des Menschen zugeschnittene Beleuchtung erst ermöglichen.

Bauen für Kinder

0

Seit die Bundesregierung den Rechtsanspruch für eine Kinderbetreuung von unter Dreijährigen beschlossen hat, herrscht ein wahrer Bauboom für Kindertagesstätten und Kindergärten. Bestehende Einrichtungen werden umgebaut, erweitert und auch neue Betreuungsstätten werden gebaut. Doch nicht nur an die Betreuung von unter Dreijährigen werden besondere Anforderungen gestellt. Auch die Bauaufgabe „Bauen für Kinder“ stellt an die beteiligten Planer und Architekten andere Ansprüche als bei herkömmlichen Bauvorhaben. Da die Kinder Hauptnutzer der zu schaffenden Räume sind und eine deutlich andere Statur haben als Erwachsene, darf sich die Planung nicht nur an den Erwachsenenmaßstäben orientieren. Wichtig ist hier auch einmal den Standpunkt des Betrachters zu wechseln und die Planung mit den Augen eines Kindes zu sehen.

Neben den erhöhten Ansprüchen an die Unfallsicherheit ist vor allen Dingen die Größe der Kinder zu beachten. Sanitärobjekte die auf Normhöhen eingebaut sind, können Kinder nicht optimal nutzen. Daher ist es angebracht die Einbauhöhen auf eine passende Nutzungshöhe für die Kinder abzustimmen. Das beginnt bei den Sanitärobjekten und zieht sich über das Mobiliar bis hin zu den Brüstungshöhen der Fenster hin. Eine reguläre Brüstungshöhe eines Fensters beträgt in der Regel 90 cm. Das entspricht in etwa einer Körpergröße eines Dreijährigen Kindes. Demnach könnten die Kinder nicht ohne ein Hilfsmittel aus dem Fenster schauen. Laut Bauordnungsrecht muss ein Fenster aber ab einer Absturzhöhe von bis zu 12 m eine Brüstungshöhe von mindestens 0,80 m, bei einer Absturzhöhe von mehr als 12 m mindestens 0,90 m hoch sein. Lediglich im Erdgeschoss sind Unterschreitungen zugelassen. Alternativ dazu kann die erforderliche Brüstungshöhe auch über eine „brüstungsähnliche Vorrichtungen“ erbracht werden. (vgl. § 41 Landesbauordnung NRW) Für die Praxis bedeutet das, dass Räume für eine Kinderbetreuung optimal im Erdgeschoss anzusiedeln sind. Ist das nicht möglich, so ist es an den Planern sich geeignete Maßnahmen zu überlegen, die zum einen die Anforderungen an die Sicherheit erfüllen, zum anderen aber auch die Bedürfnisse der Kinder nach einem problemlosen Ausblick aus dem Fenster berücksichtigen. Eine Lösung könnten beispielsweise vorgesetzte Glasbrüstungen sein.

Insgesamt ist das Thema Kindertagesstätten und Kindergärten bauordnungsrechtlich ein heikles Thema. Gemäß der Landesbauordnung NRW zählen diese zu den Sonderbauten nach §54 LBO NRW. Für den Bau von Schulen gibt es in NRW die Schulbaurichtlinie, die sich auch mit dem Thema Brandschutz befasst. Eine solche Sonderbaurichtlinie gibt es bisher leider noch nicht für den Bau von Kitas und Kinderhorten. Das Bauministerium des Landes NRW hat im Jahr 2011 im Rahmen einer Dienstbesprechung eine Niederschrift verfasst, die gemäß einer Landtagsanfrage im November 2011 durch den Abgeordneten Dr. Jörg Geerlings, CDU als geltende Niederschrift bestätigt wurde und damit ausdrücklich für die Bauaufsichtsbehörden als verbindlich gilt. (vgl. Kleine Anfrage 1330 vom 21. November 2011 des Abgeordneten Dr. Jörg Geerlings CDU, Drucksache 15/3476) Diese Niederschrift hat somit Erlasscharakter und beschäftigt sich hauptsächlich mit Themen wie Brandschutz, Stellplatzbedarf, Schallschutz etc. Für das Bundesland Bayern wurde vom Bayerischen Landesjugendamt sogar extra für die Tagespflege von mehr als fünf Kindern ein Praxisleitfaden herausgegeben, der sich neben den oben genannten Punkten auch mit den Anforderungen an die Räumlichkeiten beschäftigt. Neben den rechtlichen Bestimmungen ist bei der Planung einer Betreuungseinrichtung für Kinder auch ein besonderer Blick auf die Institution „Kindergarten“ bzw. „Kinderhort“ zu werfen. Dass ein Kindergarten nur noch der zeitweisen Unterbringung der Kinder dient, ist längst ein Relikt aus vergangener Zeit. Heutzutage werden Einrichtungen zur Kinderbetreuung immer mehr als Bildungseinrichtung verstanden. Darauf müssen auch die architektonischen Konzepte reagieren. Viel Platz für Bewegung und Spielen aber auch Räume für kreative Gestaltung, Sprachförderung und Ruheräume. Wenn möglich sollte auch ein Außenbereich mit Kletter- und Spielmöglichkeiten geschaffen werden. Im Vordergrund der Planung sollte die Anregung der sensorischen und motorischen Fähigkeit der Kinder stehen. Ebenso wichtig ist die Erfahrung von ersten Sozialkontakten und das Erlernen von Sozialverhalten. Durch bewusst angelegte Gemeinschafts- und Ruhezonen kann dieses gezielt gefördert werden. Mit der Anlegung von unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen entsteht zudem für die Kinder eine feste Struktur, an der sie sich orientieren können und die ihnen Sicherheit gibt. Beginnt der Kindergartentag jeden Morgen im Gemeinschaftsraum mit einer Begrüßungsrunde und endet nachmittags in der Kuschel- und Leseecke, können sich die Kinder anhand des Rituals schon einmal mental auf den nächsten Schritt vorbereiten. So fällt einigen Kindern vielleicht auch der Abschied nicht mehr so schwer. Ein weiterer Vorteil von einer Zonierung ist das Erleichtern zum Einhalten von Regeln. Darf an dem einen Tag im Gemeinschaftsraum getobt und gerannt werden und am anderen Tag soll dort in Ruhe gemalt werden, lässt sich einem Kind schwer begreiflich machen warum das heute erlaubt und morgen verboten ist. Wenn klar ist, dass in der Leseecke das Rennen und Toben verboten ist und es dafür einen eigenen Bewegungsraum gibt in dem die Kinder sich jagen und fangen spielen dürfen verstehen die Kinder die aufgestellten Regeln besser. Haben die Kinder die Regeln einmal verstanden, lassen sich diese auch einfacher durchsetzen. Als Ergebnis wäre wünschenswert durch die architektonische Raumkonzeption die Phantasie und Eigeninitiative der Kinder anzuregen und sie so zum selbstständigen Ausprobieren und Gestalten zu verleiten. Gemeint ist an dieser Stelle nicht nur eine farbliche Gestaltung der Räumlichkeiten, sondern das geschickte Zusammenspiel von Raumkonstellationen und Möblierung in Verbindung mit dem effizienten Ausnutzen von viel Tageslicht und frischer Luft. Doch auch die Bedürfnisse der Betreuungspersonen dürfen nicht vernachlässigt werden. Angefangen von Büroräumen für die Verwaltungsangelegenheiten über Besprechungsräume bis hin zu Sanitärräumen für Angestellte und erwachsene Besucher. Ebenso elementar sind die Wickelräume. Diese sollten sowohl für die Kinder angenehm gestaltet sein, aber auch für die Erzieher den größtmöglichen Arbeitsplatzkomfort bieten. Denn wenn es gelingt mit gut durchdachten Konzepten und intelligenten Möbelstücken die täglichen Arbeitsabläufe besser zu strukturieren und eventuell sogar zu vereinfachen bleibt unter dem Strich mehr Zeit übrig für die, um die es eigentlich in der Hauptsache gehen sollte: Die Kinder. Autorin: Dipl. – Ing. (FH) Arch. Sarah Zietek

Wohnen und Arbeiten verbinden – Ein Selbstversuch

0

Ein erschrockener, kurzer Blick auf die Küchenuhr, ein entsetzter Aufschrei und der Gedanke an den bevorstehenden Berufsverkehr verwandeln in wenigen Sekunden die gemütliche Frühstücksrunde in einen quirligen Ameisenhaufen. Alle wuseln hektisch durcheinander. Eilig wird der Rest des Brötchens herunter geschlungen und mit dem letzten Schluck Kaffee heruntergespült. Hastig werden Schlüssel, Notizbuch und Brötchendose in die Taschen gestopft um anschließend im Auto festzustellen, dass doch die Hälfte zu Hause geblieben ist. Was in vielen deutschen Familien zum täglichen Wahnsinn gehört, lässt mich heutzutage nur noch wissend schmunzeln. Denn ich gehöre zu den Glücklichen, die Wohnen und Arbeiten miteinander verbinden können.

Als freischaffende Architektin mit einem eigenen Planungsbüro genieße ich mein Frühstück gemütlich in den eigenen vier Wänden um dann entspannt über den Flur wenige Meter weiter zu meinem Arbeitsplatz zu gelangen. Kein Stress, kein Stau und sogar das vergessene Handy auf dem Küchentisch – kein Problem. Auch private Dinge, wie das bestellte Buch vom Briefträger entgegennehmen, während der Mittagspause Wäsche aufhängen oder mal eben den Hund in den Garten schicken, lassen sich wunderbar nebenher erledigen. Doch leider hat eine Medaille bekanntermaßen immer zwei Seiten. So reizvoll der kurze Arbeitsweg zum Einen sein mag, so verheerend kann er werden, wenn man sich nachts von einer Seite auf die Andere wälzt. „Wenn ich schon mal wach bin, könnte ich doch mal eben…“ und ehe man sich versieht sitzt man nachts um drei in seinem Büro und zeichnet Ausführungsdetails. Auch nasskalte Wochenenden bieten sich hervorragend an, stundenlang im Büro zu verschwinden. „Das Wetter war sowieso zum fürchten, da hätten wir eh nichts unternehmen können.“ lautet die schlichte Rechtfertigung. Auch das Sonntagsfrühstück beginnt nicht mehr direkt nach dem Aufstehen. Stattdessen kann man ja den Morgen ohne störende Anrufe prima im Büro verbringen und aufgeschobene E-Mails beantworten oder die lästige Buchhaltung erledigen. Erst wenn ein übermüdeter und genervter Partner kurz vor Mittag nörgelt: „Sollen wir noch Brötchen holen oder willst du direkt Mittagessen?“ klappt man den Laptop und die Bürotür hinter sich zu. Dabei hätte man noch so viel schaffen können… Wenn man Arbeiten und Wohnen miteinander kombinieren möchte, sollte man sich im Klaren sein, dass eine Verbindung immer von zwei Seiten funktioniert. Verbindung und Trennung beider Bereiche sind dabei unabdingbar. Das kann vor allen Dingen über eine klare räumliche Trennung erfolgen. Ein kleiner Schreibtisch, der in einem belebten Wohnzimmer steht mag zum Surfen im Internet durchaus seine Berechtigung haben, wird als ernstzunehmender Arbeitsplatz jedoch wenig Erfolg haben. Steht derselbe Schreibtisch aber in einem extra dafür vorgesehenen Arbeitszimmer, bei dem man bei Lärm und Trubel auch mal die Tür hinter sich zu machen kann, bietet dieser Arbeitsplatz durchaus mehr Potenzial. Auch die Größe eines Arbeitszimmers ist nicht entscheidend. Sie sollte jedoch auf die Tätigkeit abgestimmt sein. Ein Schriftsteller hat mit Sicherheit einen anderen Platzbedarf für seine Arbeitsmittel als ein Fotograf. Denkt man also ernsthaft darüber nach Wohnen und Arbeiten miteinander zu verbinden, sollte man sich zunächst Gedanken über die eigene Tätigkeit machen, denn nicht jeder Beruf ist auch für die „Heimarbeit“ geeignet. Industriebetriebe oder Werkstätten sind alleine aus baurechtlichen Hintergründen nicht überall zu realisieren. Weniger problematisch ist die Ausübung von Tätigkeiten, die weder großen Lärm, noch Emissionen oder Mengen von Abfällen produzieren. Nach § 13 Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind in reinen und allgemeinen Wohngebieten „für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben“, Arbeitsräume zulässig. In besonderen Wohngebieten sind sogar ausdrücklich Gebäude dafür erlaubt. Nähere Bestimmungen hierzu regelt in weiteren Fällen, falls vorhanden, der Bebauungsplan. In diesem können bestimmte Nutzungen ausgeschlossen oder ausnahmsweise erlaubt werden. Auch „Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen“ sind gemäß §§ 3 – 4 BauNVO in reinen und allgemeinen Wohngebieten zulässig. Ist die Machbarkeit geklärt sollte man sich Gedanken über die Strukturierung von Wohn- und Arbeitsbereich machen. Gibt es Angestellte? Müssen Anlieferungen getätigt werden? Lassen sich Arbeitsabläufe mit einem besonderen Grundriss vereinfachen oder optimieren? Je gründlicher eine Bedarfsanlayse der beruflichen Situation gestellt wird, desto genauer kann in einem weiteren Schritt die Vereinbarkeit mit dem privaten Umfeld geklärt werden. Dabei sollte mit allen Beteiligten abgestimmt werden, wie eng der Betrieb mit dem Wohnhaus verbunden sein soll. Sind alle Familienmitglieder in der Firma tätig oder nur ein Einzelner? Wie sehen die Öffnungszeiten aus? Gibt es Publikumsverkehr? Ein kleines Büro ohne Angestellte und mit wenig Publikumsverkehr lässt sich mit Sicherheit über den regulären Eingang erschließen, während ein Einzelhandelsgeschäft bei dem stündlich Leute ein- und ausgehen eine deutliche Belastung für die übrigen Bewohner sein kann. Sind alle Grundvoraussetzungen geklärt, kann mit der Grundrissplanung begonnen werden. Je früher Sie einen Architekten in Ihre Überlegungen miteinbeziehen, desto mehr profitieren Sie an dieser Stelle von den gewonnenen Erkenntnissen. Gute Architektur bedeutet in erster Linie ein funktionstüchtiges und nutzerfreundliches Bauwerk zu erstellen, was durch seine räumliche Beschaffenheit den Nutzer unterstützt. Gelingt dann noch eine Umsetzung eines effizienten Grundrisses mit einer angemessenen optischen Gestaltung steht der Verbindung von Wohnen und Arbeiten so gut wie nichts mehr im Wege. Auch die Architektursprache sollte mit dem ausgeübten Beruf zusammenpassen. Ein Zimmermann, der ein Wohnhaus mit Holzfassade bewohnt wirkt deutlich authentischer als ein Zimmermannskollege, der dasselbe Wohnhaus jedoch mit Stahl- / Glas – Konstruktion bewohnt. Wenn Sie nun konkret mit dem Gedanken spielen Wohnen und Arbeiten miteinander zu verbinden, überlegen Sie sich diesen Schritt gründlich mit allen Beteiligten und lassen Sie sich ausreichend Zeit für eine gründliche Planung. Gerade mit der räumlichen Konstellation steht und fällt der Erfolg dieses Wohnkonzeptes. Schließlich wollen Sie das Wohnen mit dem Arbeiten verbinden und nicht in erster Linie Arbeiten und nebenbei noch Wohnen. Autorin:  Dipl. – Ing. (FH) Arch. Sarah Zietek