Fit für den Geländesprint (Lexus RX 450h)

0

Zur Modellpflege wurde dem Lexus RX 450h eine extrem fesche Maske verpasst, doch dahinter blieb das Auto weitgehend gleich. Von vorne betrachtet erkennt man allerdings auf den ersten Blick, dass es sich um eine neue Version handelt. Das liegt am Diabologrill, wie Lexus die von breiten Chromstreifen eingefasste Kühlluftöffnung zwischen den spitz zulaufenden Scheinwerfern nennt, in denen jetzt LED-Tagfahrlicht leuchtet. Insgesamt wirkt der große SUV optisch präsent und schneidig. Lexus ist mutig geworden und will beim Design einen Imagewandel forcieren. Weg von der soliden, aber beschaulichen Marke, hin zu mehr Sportlichkeit. So wurde der SUV RX 450h einer Trimm-dich-Kur unterzogen und das mit Erfolg. Die Kombination des V6-Benziners mit zwei E-Maschinen ist ziemlich beeindruckend. Gern betonen die Japaner den Trumpf des Autos, nämlich sein Hybridsystem aus V6-Benziner und je einem Elektromotor an Vorder- und Hinterachse. Diese Antriebskonfiguration bewegt den gut zwei Tonnen schweren SUV so effizient, dass ein Durchschnittsverbrauch von 6,3 Liter dabei herauskommt. Auf dem Bordmonitor lässt sich verfolgen, welcher Motor gerade aktiv ist, wie der Kraftfluss verläuft und was das dann für einen Benzinverbrauch zur Folge hat. Durch umfangreiche Modifikationen im Antriebsstrang – sowohl beim Verbrennungs-, als auch beim Elektromotor – soll der Lexus RX 450h nur 148 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren. Gegenüber seinem Vorgänger, dem Lexus RX 400h, leistet das neue Modell also 10 Prozent mehr bei 23 Prozent weniger Emissionen. Das reibungslose Zusammenspiel der drei Maschinen (Systemleistung: 220 kW / 299 PS) begeistert. Der neu entwickelte V6-Motor im Lexus RX 450h arbeitet nach dem so genannten Atkinson-Prinzip, bei dem die Einlassventile länger geöffnet, die Auslassventile im Arbeitstakt dagegen länger geschlossen bleiben. Dazu kommt eine aufwändige Abgaskühlung, die eine Herabsetzung der Temperatur von 880 auf 150 Grad bewirkt. Zusätzlich wird die verbliebene Abgaswärme dazu genutzt, den Motor des Lexus RX 450h schneller auf Temperatur zu bringen, weshalb der Antriebsstrang schneller in den Elektromodus übergehen kann. Und auch reisetauglich ist der luxuriöse Geländewagen. Mit 1,845 m Breite fällt der Luxus-Japaner schmaler als sämtliche Kollegen aus, was der Optik gut tut und dem Platzangebot mitnichten schadet, denn man reist im RX alles andere als eingepfercht. Viel Bein- und Kopffreiheit genießen die Passagiere. Vor allem hinten zieht man komfortabel durch die Lande, während die Blicke durch das getönte Glas in die Ferne schweifen. Lautlos rollt der Geländewagen an, kurz danach aber meldet er sich gut vernehmlich zu Wort. Unbedarfte werden kaum mitbekommen, dass es sich um einen Hybriden handelt. Dieser RX ist stets flink dabei, besonders zwischen 80 und 120 km/h prescht das Schiff unter niedergetretenem Gaspedal mächtig gen Himmel. Die Übersetzungen ändern sich stufenlos. Dass der Nobel-SUV den urbanen Asphalt der Kiesgrube vorzieht, ist ihm nicht zu verübeln. Seine Geländegängigkeit ist beachtlich, aber auf der Straße beweist er sein Können noch deutlicher mit hervorragenden Fahrleistungen und günstigem Kraftstoffverbrauch. Von 0 auf Tempo 100 schafft er es in 7,8 Sekunden und seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 200 km/h. Die Executive Line hat viel zu bieten: sämtliche Spiegel haben automatische Abblendung, rundherum gibt es elektrische Fensterheber, Klimaautomatik, Leichtmetallräder, Radioanlage inklusive CD-Wechsler, Regensensor, elektrisch verstellbare Sitze, Tempomat, Xenonscheinwerfer sowie Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, eine elektrische Heckklappe, Kurvenlicht und Ledersitze inklusive Sitzheizung sowie Memory-Speicher für die Verstellung. Der Lexus RX 400h ist eine erfrischende Alternative im SUV-Segment zum fairen Kurs. Wer Technik liebt, ordentliche Performance mag und nicht zuletzt die Ressourcen der Umwelt und jene seines eigenen Geldbeutels schonen möchte, liegt mit dem Hybrid-Geländewagen goldrichtig. Der RX 450h ist eine Geländelimousine, die hohen Komfort und eine Rundum-sorglos-Ausstattung garantiert.

Elegant durch dick und dünn (Range Rover Sport 3.0 SDV6)

0

In Sachen Komfort- und Sicherheitsausstattung lässt der Range Rover Sport keine Wünsche offen. Er ist auch in der vierten Generation eine gute Wahl für alle Geländewagenliebhaber, die es sportlich, auffällig und imposant mögen. Beim Facelift orientierten sich die Ingenieure an Luxuslimousinen, wobei der Name “Facelift“ in die Irre führt. Denn am Gesicht finden sich nur geringe Veränderungen. Am auffälligsten sind die neuen Scheinwerfer, die mit kreisförmig angeordneten LED-Lichtpunkten ausgestattet wurden. Kleine Retuschen am Grill und am Stoßfänger sind weitere Neuerungen. Hochwertiger als vor dem Facelift wirkt der Innenraum mit halbmatt schimmernden Applikationen. Vor allem die Mittelkonsole hat das Geländewagenhafte endgültig abgestreift und präsentiert sich jetzt im Look einer echten Luxuslimousine. Dazu bekommen wir modernste Technologien serviert, etwa ein HDD-Navigationssystem mit großem Touchscreen, eine Rückfahrkamera und ein Harman-Kardon-Soundsystem – alles serienmäßig. Der Range Rover Sport ist ein Edel-SUV, der sanft federt und seine Passagiere nicht mit Lärm oder Gehoppel über Kanaldeckel und Bodenwellen belästigt, wie es manche sportlichen Geländewagen machen. Die Fahrleistungen sind gigantisch – mit den 256 PS des 6-Zylinder-Diesels lassen sich sogar Sportwagen ärgern. Von Null auf Tempo 100 geht es in 8,9 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit des Range Rovers liegt bei 200 km/h. Für die Kraftübertragung sorgt ein Acht-Stufen-Automat, dessen Auslegung gut zur Motorcharakteristik passt. Schon das Starten des Motors ist ein Erlebnis. Der Motor brüllt kurz auf, das Auto erbebt unter dem ersten Stampfen der sechs Zylinder. Dann kehrt aber sofort Ruhe ein. Für die Anfangsrunden gleitet der Range Rover Sport geschmeidig wie ein Modellathlet. Es ist erstaunlich, welche Kräfte man entfesselt, wenn man das Gaspedal zu Boden drückt. Die Automatik schaltet erstaunlich schnell in den passenden Gang zurück, dann wird das Haupt des Fahrers gegen die Kopfstütze gedrückt. Der Allradantrieb und das nicht gerade schmächtige Gewicht sorgen dabei für perfekte Traktion und so katapultiert sich der sportliche SUV mit aller Vehemenz nach vorne. Die Kraft baut sich dabei ohne Pause auf: Die gelungene Abstimmung des Motors macht es möglich, dass das maximale Drehmoment von 600 Newtonmeter bei 2000 Umdrehungen in der Minute konstant bleibt. Innen wirkt der neue Range Rover noch geräumiger als der alte und überzeugt mit einer dynamisch wirkenden Karosserie, die mit sauberer Verarbeitung glänzt. Die lässige Kraft, die lässige Elastizität und die von gleich zwei Ladern gedämpfte Geräuschkulisse stehen dem Sport so gut zu Gesicht wie die markanten Änderungen an Front und Heck. Der Kaltstart gelingt kultiviert, was nicht nur am neuen Motor liegt, sondern auch an der sehr guten Geräuschdämmung. Und der Verbrauch? Der 84 Liter-Tank reicht etwa für 700 km. Mit 4,78 Meter Länge ist der Range Rover Sport kompakt. Der Range ist hoch, aber nicht besonders lang – dank übersichtlicher Vertikallinie, tiefer Seitenscheiben und leicht von der Hand gehender Servolenkung für engere Parklücken. Die Feinannäherung erfolgt per Parkdistanzkontrolle und Rückfahrkamera. Der Range Rover Sport ist nicht modisch, nicht protzig, präsent, aber dezent und damit wohl der distinguierteste Vertreter seiner Art: elegant oben herum, rustikal unten herum. Davon zeugen im Innenraum die dicken Gummimatten, der überarbeitete Terrain-Response-Wähler auf der Mittelkonsole und das Ersatzrad unter dem Kofferraumboden für garantiert schmutzige Hände. Damit gibt der Brite im Gelände nicht den Weichspüler, sondern den harten Wühler. Im Gelände spüren seine Insassen nichts von Geröll, Furchen oder Schlaglöchern. Das adaptive Luftfahrwerk mit eindrucksvollen Federwegen von 26 bis 31 Zentimeter dämpft gekonnt alles ab und überrollt jede Welle mit sanftem Wiegen. Ob Rallye oder Straße, mit seinem Mix aus Komfort und Sportlichkeit und seinem Dampfer-Charme beweist der Brite auf beiden Terrains, dass er ein ausgesprochener Multitalent ist.

Mamma mia, was für ein Minivan! (Fiat 500L)

0

Fiat legt mit dem 500L einen Minivan auf, der wie ein gemeinsames Kind von Mini Countryman und Renault Twingo aussieht, sich aber praktischer als beide zusammen darstellt. Mit großen Kulleraugen, schwarzem Häubchen und rund, aber deutlich größer als seine Verwandten, steht der Fiat 500L proper da. Da der jüngste Nachwuchs der Fiat 500-Sippschaft nun auf der Technik des größeren Fiat Punto basiert, offenbart das Riesenbaby im Innenraum ungeahnte Größe. Kein Wunder, ist der neue viertürige 500L im Vergleich zu seinem automobilen Vorgänger Fiat 500 nun 60 Zentimeter länger, 15 Zentimeter breiter und 17 Zentimeter höher. Der Fiat 500L ist ein Fünftürer mit Platz für bis zu fünf Erwachsene und einem Kofferraumvolumen von rund 400 Litern. Damit ist er der größte Cinquecento aller Zeiten und bietet eine Menge Freiraum für die Ansprüche von Familien oder von Menschen mit Platzbedarf für Sportgeräte oder Hobbyausrüstung. Seine üppige Form schafft viel Platz für die Passagiere. Fahrer wie Beifahrer sitzen vantypisch aufrecht auf gut gepolsterten Sitzen, die sich in Form und Gestaltung an Vorbilder der 1950er Jahre orientieren, und blicken auf ein aufgeräumtes, modernes Cockpit mit feinen Materialien. Die Anleihen im Design der 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind natürlich nur optischer Natur. Die inneren Werte des kleinen Italieners sind in allen Bereichen auf der Höhe der Zeit. Die nostalgische Optik wirkt frisch und zum Gesamteindruck des Autos passend. Das griffige Lenkrad und der faustgroße Schaltknüppel deuten bereits an, dass man mit dem Lifestyle-Gefährt nicht zimperlich umzugehen braucht. Der Innenraum wirkt geradezu großzügig und auch hier ist alles im runden Bereich. Ohnehin mangelt es dem Fiat 500 L nicht an Alltagstalenten: Die niedrige Ladekante erleichtert das Beladen, große Türen das Einsteigen. Mit gegabelten A-Säulen und großen Fenstern lässt er sich leicht überschauen. Spritzige 85 PS aus einem sehr kultiviert laufenden Vierzylinder-Diesel passen zum straff, aber keineswegs unkomfortabel abgestimmten Fahrwerk und zur knackigen Schaltung. Zum Serienstandard gehören unter anderem das elektronische Fahrstabilitätssystem ESP inklusive Antischlupfregelung (ASR), die Berganfahr-Hilfe (Hill Holder), Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, 15-Zoll-Räder, der höhenverstellbare Fahrersitz sowie das in Höhe und Tiefe verstellbare Lenkrad. Dazu garantieren noch sechs Airbags – je zwei für Front, Seite sowie für den Kopfbereich in beiden Sitzreihen – den Passagieren ein optimales Maß an Sicherheit. Aus dem Stand auf Tempo 100 benötigt der Selbstzünder 14,9 Sekunden. Der Tacho steigt dann weiter bis auf maximal 165 km/h. Das Fahrwerk macht vor allem in der Stadt eine gute Figur. Dort freut man sich über die leichtgängige Lenkung, deren Servounterstützung sich auf Knopfdruck noch einmal steigern lässt. Die komfortable Federung dämpft problemlos Unebenheiten wie Kopfsteinpflaster oder Schlaglöcher ab. Ein weiteres Plus des Minivan ist, dass der Diesel sehr sparsam ist: Auf dem Prüfstand begnügt er sich mit 4,2 Litern, was einem CO2-Ausstoß von 110 g/km entspricht. Der kleine Südländer besonders liebt die Stadtfahrt. Hier überzeugt er aufgrund seiner Sprintfreudigkeit und Agilität. Es macht einfach Spaß, aufs Gaspedal zu treten. Das weich abgestimmte Getriebe in Verbindung mit dem sonor vor sich hin brummelnden Diesel sorgt für gutes Vorankommen. Seine Spurtreue ist durchweg vorbildlich. Aber auch Landpartien mit Buckelpisten zeigen, dass der Fiat kein Terrain scheut. Das Geräuschniveaus im Inneren wie auch die Straßenlage sind der Fahrbahnbeschaffenheit entsprechend gut und sorgen für ein rundum Wohlgefühl im Inneren. Somit ist der Fahreinsatzmit dem kleinen Großen in urbanen Gebieten nicht nur möglich, sondern sogar zu empfehlen. Der zweite Gang reicht bis Tempo 60 und sorgt in Zusammenarbeit mit dem 200 Newtonmeter leistenden Drehmoment für ausreichende Zwischensprints im fließenden Verkehr. Der 500L ist ein Auto, wie man es von Fiat erwartet: Er sieht pfiffig aus, ist praktisch geschnitten, preisbewusst kalkuliert und technisch einwandfrei.

Bjarke Ingels Group: Porträt

Jung, mutig und erfolgreich. So lässt sich in etwa das Team um Bjarke Ingels beschreiben. Nicht bereit zwischen den Kontrahären utopisch und pragmatisch zu differenzieren, wählen die motivierten, jungen Dänen den Weg, der beide Bereiche gleichermaßen abdecken soll. Seit 2005 leitet der 39-jährige Bjarke sein etwa 76-köpfiges Architekturunternehmen unter dem Namen BIG. Doch bereits 2001 erlangt er mit seinem ersten Büro PLOT und zusammen mit seinem damaligen Unternehmenspartner Julien de Smedt, internationale Aufmerksamkeit. Grund dafür sind Bjarkes idealistische Grundsätze und sein daraus resultierender Ausdruck. Sein Stil: plakativer, Pragmatismus mit visionären Tendenzen. Seine Philosophie: „Yes is more!“ Sein Ziel: eine Architektur, die sich durch frische Ideen flexibel an aktuelle Bedingungen anpasst, so Orte generiert, die kompromisslos funktionieren und möglichst alle Bedürfnisse bedient. Das mag etwas utopisch klingen, aber genau das darf es auch. Denn Yes is more! Ja, zu einer Utopie die mit pragmatischen Ansätzen modifiziert, vielleicht zur Innovation werden könnte. Nachdem Ingels 1998 erfolgreich sein Studium beendet, arbeitet er zwei Jahre im Büro OMA für den ebenfalls populären Rem Koolhaas. Es ist durchaus naheliegend, dass seine architektonische Haltung zum Teil auch durch ihn inspiriert und geprägt wurde. Bjarke Ingels sieht es als die Aufgabe der Architekten, Gesellschaftskonflikte zu erkennen und anhand unkonventioneller Ideen zu stabilisieren. Er überträgt die Verantwortung der zukunftsorientierten Entwicklung ökonomischer, ökologischer und kollektiver Urbanität an Architekturschaffende. Der Maßstab, welchen er dabei an die Architektur stellt setzt neben Funktionalität gleichzeitig auch einen gewissen Hedonismus voraus, woraus sich sein innovatives Geschäftskonzept ergibt. Mit „Yes is more“ drückt Ingels sein Verständnis und seine philosophische Haltung zur Architektur aus. Ja zu mehr…Mut, Größe, Stärke und Kraft. Dieser Grundgedanke findet sich auch in der Abkürzung des Unternehmens „BIG“ wieder-die eigentliche Abkürzung für „Bjarke Ingels Group“, die noch weitere Interpretationen zu lässt. So könnte „BIG“ auch für Großdenker stehen. Kreative, mutige Menschen, die es verstehen über die konventionellen Grenzen hinauszudenken, um neue Möglichkeiten für eine moderne, evolutionierte Gesellschaft zu schaffen. Oder für Großes, im Sinne von Großes erschaffen wollen mit möglichst viel AussageKRAFT. Aber vor allen Dingen sagt die Architekturgruppe auch Ja, zur Realität. Mag sie manchmal auch noch so rau sein. Für Ingels bedeuten Hindernisse Herausforderung. Erst durch die nüchterne Auswertung gegebener Tatsachen, kann auf Missstände positiv reagiert werden. Die Aufgaben der Architektur formulieren sich grundsätzlich immer aus den Bedürfnissen einer Gesellschaft. Finden soziale Veränderungsprozesse statt, müssen sie erfasst und untersucht werden, denn mit ihnen verändern sich auch die Interessen der Menschen. Dabei sind Lebensgewohnheiten, Rollenverteilung, Wertesysteme und Familienstrukturen zu betrachten. Aktuelle Tendenzen dieser neuen Urbanität finden sich in dem Wandel der work-life-balance, Transparenz, Globalisierung und Mobilität. Zu beobachten ist beispielsweiße eine zunehmende Homogenisierung der privaten und öffentlichen Zonen des Lebens. Bürounternehmen beispielsweiße, bieten ihren Angestellten immer häufiger private Komfortangebote, was sich positiv auf die Unternehmenskultur auswirkt. Umgekehrt wird Freelancern, die sich früher in home offices organisierten, durch Coworking Spaces eine neue Dimension des gemeinschaftlichen Arbeitens ermöglicht. Was sich früher auf die private Zone beschränkte, wird heute auch in öffentlichen Bereichen angeboten. Und auf genau diesen Umstrukturierungsprozess, welcher auf der Evolution unserer Gesellschaft basiert fokussiert sich die Arbeit von BIG. Die Architekten untersuchen Potentiale des öffentlichen Raums und suchen nach zeitgemäßen Lösungen, die alle Lebensbereiche zu befriedigen versuchen. Ein Beispiel ist das Mountain Dwellings Projekt in Kopenhagen, das im Jahr 2008 fertig gestellt wurde. Das Projekt verknüpft ein attraktives Wohnangebot mit Bereichen öffentlicher Nutzung. Bjarke Ingels wirkt der ebenen Landschaft Dänemarks mit einer raffinierten Architektur entgegen. Er schiebt Parkhausfunktionen und eine Sporthalle unter die 80 Wohneinheiten, was zu einer Abtreppung der Hofhäuser über elf Geschosse führt. Damit wird jeder Einheit ein attraktiver Ausblick und eine unverschattete Südseite garantiert. Gleichzeitig entsteht unter dem Hang aus Wohnmodulen Raum für mehrgeschossige Nutzungen, wie das Parkhaus und die Sporthalle. Diese Bereiche werden von Norden erschlossen und belichtet. In diesem Entwurf zeigt sich die Motivation Gegensätze zu vereinen. Eine dichte Reihenhausbebauung schließt den Vorzug einer Gartenlandschaft nicht aus. Eine ebene Topografie schließt den Vorzug der Hanglage nicht aus. Um einen Eindruck vom kreativen Repertoire der Architekten, zu gewinnen seien auch nicht realisierte Arbeiten erwähnt. Ein nennenswertes Projekt ist „die bewohnte Brücke“. Hier zeigt sich der philanthropische Leitansatz der BIG-Architektur. Um den Verkehrsproblemen Kopenhagens ohne einen finanziellen Mehraufwand entgegenzukommen, entwickelte das Team eine Brücke, dessen Tragstruktur auf Wohnmodulen basiert. In den oberen Etagen sind Parkebenen vorgesehen und der Abschluss bildet die Verkehrsebene ganz oben. Die Wohnungen profitieren von einer attraktiven Lage direkt auf dem Fluss mit großartigem Ausblick und die zusätzliche Nutzung als Verkehrsangebot dient zugleich den Mobilitätsinteressen der Stadt. Auch wenn der Entwurf nicht verwirklicht wurde, so zeigt er doch innovatives Potential und das wurde mit BIG’s erstem Patent belohnt. Verschafft man sich einen Überblick über die bisherigen Arbeiten der Bjarke Ingels Group, kann man eine Vorliebe für künstlich generierte Landschaften feststellen. So auch in einem Wettbewerb für eine Konzerthalle in Stavanger, Norwegen. Die Idee war es, das sonst nur einer elitären Minderheit vorbehalte Konzerthaus, für die breite Öffentlichkeit nutzbar zu machen. Dies gelang anhand einer abgetreppten Fassade, Richtung Meer. Die Vorgaben im Zusammenhang mit den geforderten Hauptfunktionen, einer Konzerthalle und einem Veranstaltungsraum zielten auf zwei Baukörper ab. Die zum Teil in die Landschaft eingebetteten Volumen sind so positioniert dass sich aus dem Zwischenraum eine V-geformte Freifläche ergibt. Um einen Bezug von der Umgebung zum Meer herzustellen wurde dieser Freiraum arenagleich abgetreppt. Dahinter befindet sich die Lobby. Die Architekturgruppe dramatisiert die bereits vorhandene Topografie und integriert eher den Entwurf in die konzeptionelle Absicht. Bei Dunkelheit, wenn die Konzerthalle vorwiegend genutzt wird, entsteht eine strukturierte Fassadenoptik. Die Zwischenräume der Terrassierungen sind verglast und bewirken durch die Hinterleuchtung des Konzerthauses eine leichte, atmosphärische Transparenz. Am Tag steht die gleichermaßen als Fassade dienende Landschaftstreppe der Allgemeinheit zur Verfügung und bietet ein atemberaubendes Meerpanorama unter freiem Himmel. Der durch die Architektur entstandene Freibereich ist so gut inszeniert, dass er beispielsweiße auch für kollektive Veranstaltungen genutzt werden könnte. Leider hat sich auch diese Vision nicht durchgesetzt, konnte aber dennoch begeistern. Zurzeit wird auf der IBA in Hamburg ein Projekt der Bjarke Ingels Group unter der Überschrift „Maritimes Wohnen am Kaufhauskanal“ realisiert. Bis Ende 2014 sollen im ersten Bauabschnitt 60 von 130 Wohnungen fertiggestellt werden. Der Entwurf konnte durch Sensibilität hinsichtlich der umgebenden Bestandsbebauung, Energieeffizienz und städtebaulichen, differenten Freiraumqualitäten punkten. Neben diesem Projekt hat BIG aber noch viele weitere internationale Baustellen, welche die Erfolgswelle vorantreiben. Man kann sagen, angesichts dessen, dass Ingels ursprünglich hat Comics statt Architektur zeichnen wollen, ist ihm sein Weg zum Erfolg mehr als gelungen. In den kommenden Jahren wird man wohl noch so einige interessante Projekte aus Kopenhagens populärem Architekturbüro erwarten können.

Autorin: Tamara Scheck

 

Serpentine Sackler Gallery von Zaha Hadid

0

Seit Herbst diesen Jahres gibt es in London einen neuen kulturellen Hotspot. Nicht nur für den kunstaffinen, gleichermassen für den architektur-interessierten Besucher. Am 28. September eröffnete das renommierte Serpentine Museum in der britischen Metropole ein zweites, zusätzliches Ausstellungsgebäude: die Serpentine Sackler Gallery. Benannt nach Dr. Mortimer und Dame Theresa Sackler, deren Stiftung die Finanzierung des Projekts ermöglichte. Bloomberg Philanthropies, langjährige Unterstützer der Serpentine Gallery, stellten ebenfalls großzügig Mittel zur Verfügung. Michael Bloomberg, derzeit noch amtierender Bürgermeister New Yorks, wird im kommenden Jahr den Vorsitz der Galerie übernehmen.

Architektonisch verantwortlich für das neue Ausstellungsgebäude zeichnet Pritzker-Preisträgerin Zaha Hadid. Ihr Name ist untrennbar verbunden mit kühnen, unkonventionellen Bauformen. Die gebürtige Irakerin studierte zuerst Mathematik in Beirut, 1972 wechselte sie an die Architectural Association School in London -die Stadt ist inzwischen seit 40 Jahren ihre Wahlheimat- und lernte unter anderem bei Rem Kohlhaas. Einen eigenen Entwurf konnte sie erstmals 1993 in Deutschland umsetzen, das Feuerwehrhaus des Vitra-Werks in Weil am Rhein, eine in Beton gegossene Skulptur ohne rechten Winkel. Seither baut sie in der ganzen Welt. Zum ersten Mal wird sie demnächst auch im Irak tätig werden, sie erhielt kürzlich den Auftrag für den Bau der Zentralbank in Bagdad. Für London wünscht sie sich zukünftig mehr Projekte nach Art der Serpentine Sackler Gallery.

Die 43-jährige Geschichte der Serpentine Gallery, die in einem neo-klassizistischen Teehaus aus dem Jahr 1934 residiert, beinhaltet wesentliches Engagement für moderne Architektur.Seit der Jahrtausendwende gestalten international arrivierte Architekten, Künstler und Designer im Jahresrhythmus temporäre Bauten auf dem Gelände in den Kensington Gardens. Initial wurde bereits im Jahr 2000 Zaha Hadids Entwurf für einen Pavillon auf dem Gelände realisiert.

Inmitten der Kensington Gardens, in wenigen Minuten fußläufig zur Serpentine Gallery präsentiert die Architektin 13 Jahre später aufs Neue ihr architektonischen Ideal der Öffentlichkeit, die Abkehr vom rechten Winkel: “Das Wichtigste ist der Fluss der Dinge, eine nicht-euklidische Geometrie, in der sich nichts wiederholt: eine Neuordnung des Raumes.“ Diese spezielle Denkweise trifft nun in London auf einen Bestandsbau von 1805, auf „The Magazine“, ein ehemaliges Munitionslager, das bis in die 1960er Jahre militärisch, und in Folge als Lager für die Parkverwaltung „The Royal Parks“ genutzt wurde. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude sollte für die öffentliche Nutzung freigegeben werden. Einen entsprechenden Konzeptwettbewerb gewann 2010 die Serpentine Gallery. Mit einem finanziellen Gesamtvolumen in Höhe von ca. 14,5 Millionen Pfund und in Partnerschaft mit „The Royal Parks“ erfolgten exklusive Sanierung und Umbau des Magazins sowie die Erstellung eines Ergänzungsbaus. Die gesamte Maßnahme oblag der Federführung von Zaha Hadid Architects. Es entstanden 900 Quadratmeter neue Ausstellungsfläche und ein Restaurant bzw. der „social space“. Letzteres, insbesondere das Dach des Restaurants, markiert den Eyecatcher im Gesamtensemble: eine weiße, aus Glasfaser gewebte Dachkonstruktion. Deren maßgeschneiderte Membran ist dreischichtig aufgebaut, Polytetrafluorethylen (PTFE), feuerfeste Zwischenschichten und Membrandecke. Die freifließende Form scheint in der Schwebe, senkt sich sanft an den tragenden fünf Innenstützen, die sie auffangen, ab. Aus der Ferne wirkt es, hätte man ein weißes Laken in die Luft geworfen, das sich beim Herunterfallen fast zufällig auf den Stützen arrangiert. Weitere Stabilität bietet ein umlaufender Fachwerkträger in ebenfalls freier Form, der an drei Stellen den Boden berührt. Die schwebende Wirkung der Gesamtkonstruktion wird durch die fast umlaufende Ganzglasfüllung zwischen der bis zum Boden geführten Fachwerkkonstruktion verstärkt. Das Restaurant grenzt an der Ostseite direkt an „The Magazine“, dessen westliche Außenwand stellt seine Innenwand, der beibehaltene Backsteincharakter bricht das auch innen vorherrschende Weiß. Die fünf Stützen leiten zusätzliches Licht in den Innenraum, ihr konische Form öffnet sich in die Decke annähernd wie die Blüte einer Calla, vorherrschend ist hier aber kein florales, sondern das skulpturale Moment. Dennoch, die Stützen erinnern an Zaha Hadids „Lila Installation“ im Jahr 2007, ebenfalls eine Arbeit für die Serpentine Gallery, noch deutlicher inspiriert von komplexen, natürlichen Blüten-und Blattgeometrien. Die Inneneinrichtung des Restaurants, Möblierung sowie das Geschirr , entsprechen dem Gesamtkonzept, es sind ebenfalls Entwürfe Zaha Hadids. Die architektonische Gestaltung des Zubaus kontrastiert mit der neo-klassizistischen Strenge der Aussenhaut des ehemaligen Schießpulverdepots. Dessen massive Backsteinmauern wurde sichtbar beibehalten. Insgesamt ließ Zaha Hadid den rechten Winkel im Bestandsbau weiter walten und ging reduziert vor. Alle nicht-historischen Elemente wurde entfernt. Ein aufgesetztes Glasdach spendet dem offenen Innenhof des Magazins weiterhin Licht, die beiden ehemaligen Schießpulverlager mit Tonnengewölbe wurden von einem ebenfalls lichtdurchflutetem Umgang eingefasst. Hierdurch wurden optimale Ausstellungsverhältnisse geschaffen. Eine stilgemäße Erweiterung erfolge im rückwärtigen Teil des Gebäudes. Dort wurden Büros und Versorgungsräume untergebracht, sowie Alt-und Neubau verbunden. Zielführend sollte jedoch bei dem Projekt nicht das Augenmerk auf dem Widerspruch, sondern auf einer Synthese zwischen historischer Bausubstanz und aktuellem Entwurf sichtbar gemacht werden. Zaha Hamid glaubt „..dass sich in der Architektur etwas ausdrücken lässt, von dem wir noch nicht ahnen, dass es möglich ist – eine neue Ordnung der Dinge, ein anderer Blick auf die Welt.

Im Fokus des Ausstellungkonzeptes der Serpentine Sackler Gallery steht, wie gehabt, moderne sowie zeitgenössische Kunst auf höchstem internationalen Niveau. Für das Renommee, das sich die Serpentine Gallery bereits seit den 1960er Jahren mit bedeutenden Ausstellungen erarbeitet hat, stehen Namen wie Gerhard Richter, Ai Weiwei, Andy Warhol, Jeff Koons, um nur einige wenige zu nennen.

Im Zuge der Eröffnungsausstellung werden die Arbeiten der Bildhauerin und Installationskünstlerin Marisa Merz als Vertreterin der italienischen Kunstbewegung „Arte Povera“ und Adrián Villar Rojas präsentiert. Insbesondere der 33-jährige Argentinier dürfte zumindest den Besuchern der Documenta13 noch ein Begriff sein. Sein Metier sind großformatige Skulpturen, sie transportieren Zeitbegriffe,Vergangenheit, Moderne, Zukunft, Endzeitgedanken – Fragen danach, was bleibt und inwieweit menschliche Aktivitäten den Planeten Erde verändern. Seine Arbeiten sind inspiriert von Natur, Popkultur, Science-Fiction und Quantenmechanik. Er bevorzugt Materialien wie Lehm, Schlamm und Ziegel. Ihm gefällt, „…dass die Projekte endlich sind und dass es keinen Markt dafür gibt. Nur das: Man stellt Skulpturen auf, lässt sie zurück und schaut, was mit ihnen passiert.“ Den Fluss der Dinge, in dem sich nichts wiederholt, kann man kaum besser beschreiben.

Autorin: Claudia Bassier

Architektur & Skulptur – die Grenzen zwischen Architektur und Kunstwerk

0

Der österreichische Architekt Adolf Loos, bekannt für seine Streitschrift „Ornament und Verbrechen“, postulierte einmal: „Das Haus hat allen zu gefallen. Zum Unterschiede vom Kunstwerk, das niemanden zu gefallen hat. Das Kunstwerk ist eine Privatangelegenheit des Künstlers. Das Haus ist es nicht. Das Kunstwerk wird in die Welt gesetzt, ohne daß ein Bedürfnis dafür vorhanden wäre. Das Haus deckt ein Bedürfnis. Das Kunstwerk ist niemandem verantwortlich. Das Haus einem jeden. Das Kunstwerk will die Menschen aus ihrer Bequemlichkeit reißen. Das Haus hat der Bequemlichkeit zu dienen. Das Kunstwerk ist revolutionär, das Haus konservativ…..“

Vom Grundsatz her ist der trennscharfen Unterscheidung zwischen Kunstwerk und Bauwerk durchaus zu folgen, die Implikation der absoluten Freiheit und Unabhängigkeit der Kunst lässt sich in letzter Konsequenz nicht auf die Architektur übertragen.

Wie sieht es nun detaillierter mit Skulptur versus Architektur aus? Ist eine Grenze zwischen Architektur und Skulptur in diesem begrifflichen Sinne überhaupt als Barriere zu definieren, oder bereitet sich hier vielleicht ein Boden für individuelle ästhetische und kulturelle Gestaltungsräume?

Die Gestaltung des Raumes ist ein wesentliches Merkmal sowohl für die Architektur als auch für die Skulptur. Die Skulptur als Kunst im öffentlichen Raum zum Beispiel harmonisiert oder kontrastiert mit der Spezifität des Standortes, gleiches gilt für die Architektur.

Um mögliche Grenzen zwischen den Disziplinen Architektur und Skulptur herauszuarbeiten, bietet sich vielleicht daher zunächst ein Blick auf deren Überschneidungen bzw. Synthesen an.

Betritt man beispielsweise das Areal der Museumsinsel Hombroich bei Neuss im Rheinland, eröffnet sich den Sinnen des Besuchers eine äusserst gelungene Verbindung aus Kunst, Architektur und Natur. Das Museum Insel Hombroich versteht sich als offener Kulturraum, nicht statisch verharrend, sondern den Dialog zwischen den Disziplinen wünschend und fördernd. Die Voraussetzungen für das 1987 ins Leben gerufene Museumsprojekt ergaben sich aus der direkt an der Erft gelegenen, renaturierten Park- und Auenlandschaft, welche von dem Gartenarchitekten Bernhard Korte gestaltet wurde, und der Kunstsammlung des Gründers und Stifters Karl-Heinrich Müller.

Erweitert wurde das Museumsgelände 1994 auf der angrenzenden ehemaligen Raketenstation der NATO und mit dem dazwischenliegenden „Kirkeby-Feld“. Auf Letzterem realisierte der dänische Künstler Per Kirkeby mehrere skulpturale Ausstellungspavillons. Ebenso zeichnen Tadao Ando, Raimund Abraham, Oliver Kruse, Katsuhito Nishikawa, Alvaro Siza und insbesondere Erwin Heerich für die Bauten auf dem gesamten Gelände verantwortlich.

Heerich (1922-2004) gilt als einer der bedeutendsten Bildhauer seiner Zeit. Der Karton war sein bevorzugtes Material, mit dem er als Werkstoff für seine Plastiken experimentierte. Seine Formensprache leitete Heerich von Alltagsdingen ab: Bäume, Tiere, Stühle etc.. Immer in Bezug zum Architektonischen, nie in der Absicht nachzuahmen, schuf er zunehmend abstrahierte Plastiken, die Maß, Zahl und Proportion unterlagen. Je komplexer die Plastiken geometrisch strukturiert sind, umso mehr regen sie die sinnliche Erfahrung über die Grenzen der Rationalität hinaus an: „Die Dauer meines Vorhabens liegt nicht im Bereich des Gemachten, sondern des Gedachten.“

In Hombroich, wo er zudem viele Jahre sein Atelier betrieb, schuf Heerich, im Entwurf ausgehend von den einfachen Grundformen Quadrat, Kreis und Rechteck, zehn begehbare Skulpturen von zeitloser Ästhetik: Reduzierte Formensprache, eine schlichte Aussenhaut aus Klinkerwänden, innen dominiert die Farbe Weiß. Die Bauten korrespondieren in frappierender Selbstverständlichkeit mit der Natur und den Ausstellungsobjekten aus den verschiedensten Epochen der Kunstgeschichte. Jahrtausende alte Khmer-Skulpturen funktionieren in seinen Bauten ebenso wie zeitgenössische Malerei. Zwei der Gebäude, der „Turm“ (1987-1989) sowie der „Graubner-Pavillon“ (1983-1984) sind nicht bestückt. Hier besticht allein die Wirkung der perfekten Proportionen, des Lichteinfalls und der Dialog mit der umgebenden Landschaft, sowohl durch den Blick von außen auf die Plastiken als auch durch die Sichtachsen aus ihnen heraus.

Heerichs Werk ist beispielhaft für die bereits angesprochene Synthese aus Architektur und Skulptur. Dennoch, um auf die eingangs gestellten Frage nach den Grenzen zwischen Architektur und Kunstwerk zurückzukommen und diese sichtbar werden zu lassen: hier gestaltet der Künstler zwar Architekturen, doch sein Konzeption unterliegt klar künstlerischen Absichten, dies unter Verwendung architektonischer Ideale. Dem gemäße Ideale formuliert der Kunsthistoriker August Schmarsow (1853-1936) folgendermaßen: „Als Ideal schwebt immer die reine Form vor, wie sie sein soll, deren Gesetze die Raumwissenschaft ergründet, während die Raumkunst, die ihre Gestaltung in wirklichem Materiale durchführt, auch mit den Faktoren der natürlichen Umgebung, den physischen Gesetzen der Wirklichkeit sich abfinden muß. Aber in beiden waltet das Grundgesetz des Menschengeistes, kraft dessen er auch in der Außenwelt Ordnung sieht und Ordnung will.“ Der Mensch bevorzugt „die abstrakte Regelrichtigkeit der Linien, Flächen und Körper als charakteristisches Wirkungsmittel der Architektur… . Die Architektur ist also Raumgestalterin nach den Idealformen der menschlichen Raumanschauung.“

Festzuhalten ist, das es im wahrsten Sinne des Wortes Überschneidungs-Räume gibt, in dem sowohl Architektur als auch Skulptur als Einheit oder zumindest sich gegenseitig ergänzend zu verorten sind. Beide Disziplinen gestalten, nutzen, unterliegen einem bestimmten Raum, ergänzen, widersprechen sich, synthetisieren. Wie vehement oder teils nahezu ideologisch es hierbei zur Sache gehen kann, zeigt sich nicht zuletzt an lebhaften Diskussionen, wenn es um die Auswahl von Kunst für den öffentlichen Raum oder um die Realisierung progressiver Architekturkonzepte geht.

Um Architektur von Kunstwerk im Sinne von Skulptur zu unterscheiden, bedarf es der Frage nach der Intention des Entwurfs: Der Künstler schafft architektonische Skulpturen, der Architekt baut skulpturale Architektur.

Reduziert man diesen formalen Klärungsansatz auf die individuelle Wahrnehmung des Betrachters, kommt man vielleicht zum wesentlichsten Punkt und stimmt dem englischen Künstler und Bildhauer Tony Cragg zu: „At some point we’ve got to stop asking ourselves what is the meaning of everything, maybe it’s not so very important what it means. It’s probably more important what the sense of it is.. they are two very basic and different things.“

Autor: Claudia Bassier