Ein immer aktueller werdendes Thema ist die Frage nach bezahlbarem Wohnraum. In NRW steigt zum 01.01.2015 die Grunderwerbssteuer von 5% auf ein Rekordhoch von 6,5 %. Blättert man durch Immobilienmagazine und durchforstet Immobilienanzeigen so stellt man fest, dass angefangen bei den Mietwohnungen über Grundstücke als auch beim Verkauf von Bestandsimmobilien die Preise in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind. Zwar sind die enormen Preissteigerungen vornehmlich in den deutschen Großstädten und Ballungsgebieten festzustellen, aber nach und nach zeigen sich auch Auswirkungen auf kleinere Städte und besonders die Stadtrandgebiete. Deutschlandweit erhöhten sich bei den Großstädten über 100.000 Einwohnern die Neuvertragsmieten in den letzten fünf Jahren durchschnittlich um rund 15 Prozent. Im vierten Quartal 2014 lag der Mietpreis beispielsweise für 60 – 80 m² Wohnungen mit gehobener Ausstattung in München bei 14,51 EUR/m². Und nach oben scheint es kein Limit zu geben. Wohnen, egal ob im Eigentum oder in der Mietwohnung, wird immer teurer.
Abhilfe soll zumindest im Bereich der Neuvermietungen die Mietpreisbremse bringen, die seit dem 01. Oktober 2014 beschlossen worden ist. Diese Regelung sieht vor, dass bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen die zulässige Miete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 Prozent angehoben werden darf. Ausgenommen hiervon sind jedoch neu errichtete und umfassend modernisierte Wohnungen bei der Erstvermietung. Zudem gilt die Mietpreisbremse nur in „Gegenden mit einem angespannten Wohnungsmarkt“, den die einzelnen Bundesländer anhand von vier Indikatoren selbst bestimmen dürfen. Ein Gebiet kann dabei maximal für fünf Jahre als ein solches Quartier mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ deklariert werden. Die Mietpreisbremse gilt also maximal fünf Jahre. Ebenso kann ein Vermieter nicht verpflichtet werden frei gewordene Wohnungen unter dem bisherigen Mietpreis anzubieten.
Doch nicht nur im Bereich der Mietverhältnisse herrscht akute Wohnungsnot. Vielerorts mangelt es schlichtweg an bebaubaren Grundstücken, die vorhandene Bausubstanz bedarf in hohem Maß an (energetischer) Sanierung und viele Immobilien sind in keinster Weise an den demografischen Wandel angepasst und demnach weder altersgerecht, geschweige denn barrierefrei. Hinzu kommt, dass zur Zeit zwar das niedrige Zinsniveau verlockend erscheint, dem gegenüber aber die Baupreise in den letzten Jahren eklatant gestiegen sind. Hierdurch wird eine Preisspirale in Gang gesetzt, die ins bodenlose zu reichen scheint. Durch die vielen Anfragen sind die Baufirmen nicht mehr auf jeden Auftrag angewiesen, so dass die Angebotspreise für Bauleistungen deutlich ansteigen. Ebenso verhält es sich mit den Immobilien- und Grundstückspreisen. Geringes Angebot und hohe Nachfrage treiben die Preise in die Höhe. Daran gekoppelt sind jedoch die sogenannten Nebenkosten wie Grunderwerbssteuer, Maklergebühren, Notarkosten etc., die sich prozentual nach dem tatsächlichen Kaufpreis berechnen. Bei 10,- EUR/m² Preiserhöhung kommen bei einem Grundstück von 500 m² so schnell ein paar tausend Euro zusammen, die die Zinsersparnis in Nullkommanichts zunichte machen. Zumal eine Baukostensteigerung bei dieser Beispielrechnung noch gar nicht berücksichtigt worden ist. Bei den Bestandsimmobilien verhält es sich ähnlich. Zwar entfallen hier unter Umständen die Sanierungskosten, dafür ist der tatsächliche Kaufpreis höher, nachdem die Nebenkosten berechnet werden. Zu glauben, dass durch die niedrigen Zinsen das Bauen, Kaufen und Sanieren günstiger wäre, ist also eine Milchmädchenrechnung.
Die Bundesregierung hat sich auf die Fahnen geschrieben die Wohnungsknappheit zu bekämpfen. Dazu wurden neben der Mietpreisbremse und den Förderungen von energieeffizienter Sanierung und altersgerechtem Umbau durch die zinsverbilligten Darlehen über die KfW – Bank mehr als eine halbe Milliarde Euro für den sozialen Wohnungsbau bereit gestellt. Doch wem nutzen diese Gelder in erster Linie? Wirft man einen Blick auf den deutschen Wohnungsmarkt, so fällt auf, dass sowohl im Neubau als auch beim Bauen im Bestand der Trend in zwei Richtungen geht. Zum Einen werden richtigerweise Fördermittel für die Schaffung von Sozialwohnungen bereitgestellt zum Anderen haben die Investoren den lukrativen Markt der Luxusimmobilien für sich entdeckt. Wer jedoch vollkommen auf der Strecke bleibt ist der sowieso schon „geschundene Normalbürger“ oder auch die Mittelschicht. Auffällig ist, dass diese Trendwende besonders nach dem Jahr 2006 festzustellen ist, ab dem die Förderung des Mittelstandes durch den Wegfall der Eigenheimzulage massiv beschränkt wurde. Durch den Wegfall der Förderung sowie die gestiegenen Baupreise und Nebenkosten ist es einem einfachen Arbeitnehmer mit mittlerem Einkommen kaum noch möglich sich den Traum des selbstgenutzten Wohneigentums zu erfüllen. Zumal die vielfach gelobten Bausparverträge zwar mit niedrigen Darlehenszinsen angeboten werden, aber eben auch in der Ansparphase keine Zinserträge mehr bieten. Kommen dann noch hohe Mietausgaben als laufende Kosten hinzu, bleibt am Ende des Monats kaum noch Geld übrig, was für eine Immobilienfinanzierung zur Seite gelegt werden kann.
Das haben auch die großen Immobilieninvestoren erkannt. Der Mittelstand ist nicht mehr lukrativ. Vielversprechender ist da wahlweise die „gut betuchte Klientel“, die bereitwillig für eine gute Ausstattung und eine Toplage horrende Preise bezahlt oder aber die Schaffung von sozialem Wohnungsbau. Dieser wird nicht nur mit öffentlichen Geldern bezuschusst, was die Rentabilität positiv beeinflusst, sondern auch mit relativ geringem Risiko zu angemessenen Preisen vermietet, da die Mietzahlungen häufig direkt von der Agentur für Arbeit oder der Kommune selbst erfolgen. Verbunden mit verhältnismäßig geringen Baukosten auf Grund von geringer Ausstattung steigt die Gewinnmarge für die Investoren deutlich. Die immer weiter auseinanderklaffende Schere der Gesellschaft zeigt sich daher auch schon in der Bauwirtschaft. Wohnungsnot und die Frage nach bezahlbarem Wohnraum stellt sich primär in der unteren Mittelschicht. Eine Familie mit zwei Kindern kommt heutzutage kaum noch ohne zwei Vollverdiener über die Runden und bewegt sich trotzdem häufig nur knapp über dem Sozialhilfeniveau. Um der Wohnungsnot entsprechend entgegenzutreten muss zunächst der Wohnkostenanteil deutlich gesenkt werden. Dieser liegt durchschnittlich zur Zeit bei knapp einem Viertel des Nettoeinkommens. Dazu müssen in erster Linie die Löhne wieder steigen. Die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns und Maßnahmen wie eine Begrenzung der Mietpreise scheinen da ein guter Anfang zu sein. Allerdings sind sie nur der Tropfen auf den heißen Stein. Ob die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Wohnungsnot den erhofften Erfolg bringen, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre jedoch, neben der Förderung von sozialem Wohnungsbau und der Begünstigung von sogenannten Luxusimmobilien auch eine adäquate Berücksichtigung der Mittelschicht.
Autorin: Dipl. – Ing. (FH) Arch. Sarah Zietek