Frisches Make-up für den Muskelmann (Chevrolet Camaro Cabrio)

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Der Chevrolet Camaro ist der Vorzeige-Sportler aus den USA. Wer Natur, Fahrtwind und bewundernde Blicke der Umgebung genießen möchte, greift zum Camaro Cabrio. Das Verdeck des Amerikaners lässt sich auf Knopfdruck öffnen. Ansonsten wurde der V8 speziell für die europäischen Vorlieben optimiert: Bei Lenkung und Fahrwerk wurde nachgeschärft und so heißt es einfach: Einsteigen und Spaß haben, wenn dieser Flitzer brüllt und der Wind die Frisur zerzaust. Wenn der Camaro dann spurtstark vorbeizieht, geht der Blick auf die Seitenlinie, die sich am hinteren Kotflügel nochmals kurz hochzieht um dann mit dem Heck abzuschließen. Unkompliziert und ausdrucksstark im Design, aber dennoch mit einer Länge von 4,83 Meter und einer Breite von 1,91 Meter erstaunlich parkhausfreundlich geraten. Die ordentlich dimensionierten 20 Zöller passen gut ins Gesamtbild. Zudem sind sie erfreulich bordsteinkantenfreundlich. Ein großer Pluspunkt für den Alltagsbetrieb. Doppelte LED Leuchten sorgen außerdem für ein effektvolles Erscheinungsbild. Abgerundet werden sie von den großen, runden Auspuffblenden, die für den richtigen Ton sorgen. Die Sitzposition ist sportwagentypisch niedrig. Verstärkt wird der Eindruck durch die hohe Fensterlinie und die rund zehn Zentimeter hohe, Powerdome genannte Aufwölbung der Motorhaube. Die extrem schräg gestellte Frontscheibe und die geringe lichte Höhe der Seitenscheiben gewähren einen guten, wenn auch ungewöhnlich schlitzartigen Rundumblick. Der Innenraum des Camaro überzeugt mit einem schicken und durchdachten Design. Auch wenn die Verarbeitung nicht auf dem Level der deutschen Premiumhersteller ist, stört das den echten US Enthusiasten herzlich wenig. Teile der Armaturen wurden mit Leder bezogen und bringen etwas Noblesse hinein und die komfortablen Ledersitze mit Ziernähten bieten einen guten Seitenhalt. Umgeben von 1,8 Tonnen Stahl und Kunststoff erscheint der Camaro wie eine fahrende Festung mit der man sich unbedenklich in jeden beliebigen Vorstadt-Dschungel stürzen kann. Fahrer- und Beifahrersitz sind sehr bequem und bieten einen guten Seitenhalt. Auch hinten muss man sich nicht verbiegen, die zwei Rücksitze verkraften Personen bis 1,85 Meter locker. Das Dreispeichen-Lederlenkrad fasst sich zwar sehr gut an und die Lenkung ist erstaunlich direkt. Selbst schnell gefahrene Landstraßenwindungen steckt der Camaro locker weg. Das liegt unter anderem an dem für den europäischen Markt optimierten Fahrwerk. Neu eingestellte Vorder- und Hinterradstoßdämpfer mit soliden Stabilisatoren sorgen für eine höhere Steifigkeit und Seitenstabilität. Die Sechsgang-Automatik arbeitet knackig und für Sicherheit sorgen ESP, ABS und zwei Front- sowie Seitenairbags. Wer nun denkt, der Camaro ist aufgrund seiner imposanten Erscheinung kein Auto für den Alltag, wird schnell eines Besseren belehrt. Er besitzt einen kleinen Wendekreis und ist wahrscheinlich gerade aufgrund des alten Designs sehr übersichtlich geraten. So kann man sehr gut den Abstand nach vorne und hinten abschätzen. Im Heck sorgen zusätzlich Parksensoren und eine optimal positionierte Kamera für eine bessere Übersicht. Das Bild der Rückfahrkamera wird über den Rückspiegel angezeigt. Serienmäßig mit an Bord sind unter anderem ein USB-Port, Satelliten-Radio, Tempomat, zwei Getränkehalter vorn, Klima-Automatik und der mit Leder überzogene Schalhebel. Emotion und Tradition machen den Retro-Chevy aus. Den ersten emotionalen Moment beschert einem der Sound des großvolumigen Achtzylinders. Beim Beschleunigen röhrt der Camaro mit seinem wundervollen Bariton – diesen elektrisierenden Ton beherrschen nur die US-Musclecars. Doch der Mustang-Gegner kann auch ganz sanft werden. Bei gleichmäßiger Fahrt ist das Cabriolet angenehm leise, hier würde ein andauerndes Bollern auch nur nerven. Voll zur Geltung kommt der V8 vor allem bei Zwischensprints: Von 80 bis 120 km/h oder auch 150 bis 200 km/h explodiert der Chevrolet förmlich Der Achtzylinder schafft den Spurt auf Tempo 100 in 5,2 Sekunden. Die Spitzengeschwindigkeit wird bei 250 km/h elektronisch abgeregelt. Das kultige Flaggschiff bereitet riesengroßer Spaß – und zwar im XXL-Format, denn welchen echten Autofankönnen die 405 PS und 556 Newtonmeter, die der Camaro aus sechs Litern Hubraum stemmt, nicht begeistern?

Der schicke Offroader (Audi Q3)

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Die Audi-Hersteller bezeichnen den Q3 als Bekenntnis zur urbanen Sportlichkeit und bringen es damit auf den Punkt, denn der Audi Q3 zitiert die Formensprache eines Offroaders, ist aber eindeutig ein urbanes Fahrzeug. Die athletische Silhouette mit der coupéhaften Dachlinie signalisiert Sportlichkeit und Dynamik. Der kräftig-muskulöse Körper, der dominante Singleframe und die tief liegenden Lufteinlässe definieren seinen Charakter. Die Ingolstädter haben ein Coupé Design mit lang abfallender Dachlinie, einer reduzierten Höhe von nur 1,60 Metern, 4,39 Meter Länge und 1,83 Meter Breite und schmalen Front- und Heckscheinwerfern geschaffen, dass die Lifestyle-Ambitionen des Q3 unterstreichen. Fahrzeugausmaße und Gewicht stehen in einem gesunden Verhältnis zu den maximal 380 Newtonmetern Drehmoment. Das verspricht energischen Vortrieb, ohne allzu giftig daher zu kommen. Sehr gut passt der kultivierte 177-PS-TDI in Kombination mit dem Doppelkupplungsgetriebe zum Q3. Damit lässt sich der 1,7-Tonner wahlweise sehr zügig, aber eben auch sparsam bewegen. Als Kraftstoff steht Diesel zur Verfügung. Viele Kunden suchen ein Auto, das wie Offroad aussieht, ohne dass sie den Allradantrieb mit sich herumschleppen, geschweige denn bezahlen wollen und diesem Anspruch trägt Audi mit dem Q3 Rechnung. Der Kunde erwirbt mit diesem Auto einen vielseitigen Begleiter mit hohem Wohlfühlfaktor, dessen gelungene Motor-Getriebekombination auch beim Thema Fahrspaß kaum Wünsche offen lässt. Das geräumige Interieur des Audi Q3 führt die dynamische Linie des Außendesigns harmonisch fort. Ein großer Bogen umläuft den Fahrer und den Beifahrer. Die Platzausnutzung funktioniert deshalb so gut, weil der Motor quer eingebaut ist und so auch auf der Rückbank noch genügend Platz selbst für hochgewachsene Passagiere bleibt. Die Schienen der hinteren Kopfstützen haben eine praxistaugliche Länge und auch die Kopffreiheit ist ausreichend. Im Innenraum ist alles an seinem Platz. Die Orientierung gelingt binnen Sekunden. Alles wirkt schick und aufgeräumt und die hohe Sitzposition schafft Souveränität und Überblick. Das Kofferraumvolumen ist mit 460 Litern angemessen. Bei umgeklappter Rückbank nimmt der Q3 1365 Liter Ladegut auf. Parkplätze für Kleinkram und Reiseproviant gibt es zur Genüge im Audi Q3. Etwa in Form von Fächern in den vorderen Seitenverkleidungen inklusive Halter für 1,5-Liter-PET-Flaschen sowie Abteile in der Mittelkonsole und in den Türverkleidungen hinten. Die Innengeräusche sind gering, das Fahrverhalten bietet die richtige Balance zwischen flink und sicher. Kurven meistert der Q3 wie von Geisterhand gezogen. Auf Feldwegen hält er sich auch gut. Er folgt willig kleinsten Lenkbefehlen und umrundet Kurven gern auch dynamisch. Der Q3 schaltet ohne zu ruckeln, beschleunigt auch bergauf sehr zügig und liegt auch in engen, scharfen Kurven ruhig und gelassen auf der Straße. Der Verbrauch wird mit 5,9 Litern auf 100 Kilometern angegeben, beim Sprit sparen hilft die Start-Stopp-Automatik an der Ampel und ein System zur Batterieladung beim Bremsen und Rollen (Rekuperation). Beides ist übrigens serienmäßig. Wer es wissen will, kann mit 212 km/h über die Autobahn düsen und sich in nur 8,2 Sekunden auf 100 km/h katapultieren. Das Auto steuert nach vorheriger Peilung durch die seitlichen Abstandssensoren selbstständig die Parklücke an, übernimmt auch die Korrekturzüge, so dass die Person hinterm Lenkrad lediglich für den sensiblen Umgang mit Gas und Bremse verantwortlich ist. Die Liste der elektronischen Helferlein ist umfangreich wie selten in dieser Klasse. Besonders erwähnenswert ist der Fernlichtassistenten für die Xenon plus-Scheinwerfer samt dynamischem Kurvenlicht. Die satt rastenden Regler und klackenden Schalter stimmen ebenso mit den hohen Erwartungen an Audi überein wie die handschmeichlerischen Kunststoffe und der bis in den Kofferraum sauber verlegte Teppich im Audi Q3. Ebenso typisch sind die wohlgeordneten Instrumente und die funktionelle Bedienung. Zusammenfassend kann man den Audi Q3 als kraftvoll und wendig, kompakt und voll innerer Größe, effizient und ausdrucksstark bezeichnen.

Hidden Architecture – Verstecken oder Täuschen

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Warum sollte man Architektur verstecken wollen? Abgesehen von wenigen Ausnahmen ist der Akt des Versteckens dem Wesen der modernen Architektur konträr. Es scheint keinen gestalterischen Grund zu geben, der für das Verstecken spricht. Als ob die durch die Moderne begründete Architektur kein Mittel besäße, um das Verstecken baulich zu fassen. Der Akt des Versteckens entspringt dem Bedürfnis des Schutz-Suchens und wird eher durch das Unterkommen in Höhlen erfüllt denn durch das Bauen und Nutzen eines Hauses, das seine Schutzfunktion durch die Stärke seiner Konstruktion erfüllt und nicht durch Unsichtbarkeit.

Um eben jene Unsichtbarkeit zu erreichen, muss man die Sicherheit der Metaphern des konventionell Gebauten aufgeben und sich einer anderen Realitätsinterpretation bedienen. Diese entspringt dem Umgang mit dem Ausgesetzt-Sein, der Machtlosigkeit. Eine Problematik, die in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion um Datenproprietät und globale asymmetrische Kriegsführung aktueller denn je zu sein scheint.

Ein Gebäude, welches zur Illustration dieser Denkweise herangezogen werden kann, ist das Sculpture House von Jacques Gillet. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Einfamilienhaus, das 1969 vom Architekten zusammen mit dem Künstler Felix Roulin und dem Bauingenieur René Greisch erbaut wurde. Am Rande einer Einfamiliensiedlung bei Lüttich inmitten von dichtem Bewuchs erbaut, besteht das Gebäude aus drei Zonen, die sich um eine Mitte gruppieren und in ihr verlaufen. Die Wände sind doppelt gekrümmte Schalen aus drahtgitterbewehrtem Spritzbeton, welcher innen durch Dämmschaum isoliert wurde. Die Installation wird frei vor der Wand oder innerhalb des Dämmschaums geführt und erweckt zusammen mit dem eingestellten Mobiliar den Eindruck der Aneignung durch den Nutzer. Das Gebäude wird damit zur Antithese eines deterministischen Bauens. Wichtiger noch ist der Assimilationsprozess, dem sich das Gebäude innerhalb seiner natürlichen Umgebung unterwirft. Die Materialität der Wand erlaubt einen Bewuchs, mittels dessen das Gebäude innerhalb seiner Umgebung aufgeht. Im Verlauf der Jahre ist so aus einem Gebilde aus Schalen inmitten des verwilderten Gartens eine bewohnte Grotte geworden. Das Gebäude versteckt sich und seine Bewohner vor den Blicken seiner Nachbarn. Es nimmt hierbei gleich mehrere in der heutigen modernen Architektur diskutierte Formen der gestalterischen Intervention vorweg und erlaubt deren Betrachtung und Falsifizierung an Hand eines vergleichsweise langen Zeitraums von 34 Jahren. Aneignungsprozesse, heute als vieldiskutierte Herangehensweise aus der Betrachtung von Slum-Typologien, finden hier konkret statt, können im Rahmen eines europäischen Lebensentwurfes erfasst und analysiert werden. Assimilationsprozesse können in ihrer Langfristigen Wirkung betrachtet werden. Und schlussendlich kann man die generativen Prozesse, um die heute unter dem Begriff des Parametric Design kontrovers gestritten wird, empirisch erfassen und damit konkret bewerten.

Es steht in Frage, ob man sich für den konventionell-konstruktiven Schutzbau entscheiden kann und dennoch jene gewünschte Unsichtbarkeit erreicht. Moderne Schutzbauten wie die sogenannten falschen Chalets – Bunkeranlagen der Schweizer Landesverteidigung – stellen solche versteckte Architektur dar. Alternativ lässt sich auch der Schutz in der Masse finden. Wie bei der Merkez Moschee in Frankfurt, welche sich hinter einem kleinen Eingang in Mitten der Flure, Ein- und Durchgänge des Bahnhofsviertels versteckt. Aber auch eine ganz andere Form der Architektur, die Netzwerkarchitektur, kann hier gewählt werden.

Falsche Chalets sind Bunker, welche in den Dörfern und Weilern der Schweiz an taktisch vorteilhafter Position gebaut wurden, um einem Invasor einen möglichst hohen Blutzoll abzufordern. Ihr Gestaltungsmittel ist die Camouflage. Getarnt als Scheune, Chalet oder Garage sind diese Gebäude Teil des öffentlichen Dorflebens, ohne darin integriert zu sein. Daher wirken sie wie die Relikte des Atlantikwalls – auf verwirrende Art funktionsberaubt, da ein konventioneller Angriff nicht mehr zu befürchten steht. Sollte ein solcher Angriff doch erfolgen steht zu befürchten, dass diese Form von Feldbefestigungen im Zeitalter der bunkerbrechenden Bewaffnung obsolet geworden sind. Dennoch liegt dem seit 1995 in Umstrukturierung befindlichen Modell der Schweizer Landesverteidigung ein gültiges und breit gewünschtes raumbildendes System zu Grunde, das es zu betrachten gilt. Insbesondere, da es in seiner Form als volksheergetragene Verteidigung mit großer Mehrheit durch Volksabstimmung bestätigt wurde.

Im Februar diesen Jahres wurden im Museum der Weltkulturen in Frankfurt verschiedene Kunstobjekte der Architekturklasse der Städelschule zu versteckter Architektur unter dem Thema “Stealth Architecture” ausgestellt. Darin haben die Ausstellenden sich verschiedener Themen rund um Frankfurt angenommen: Unter den Eingängen, Durchgängen und Fluren, die die Blockrandbebauung des Frankfurter Bahnhofsviertels durchziehen, befindet sich in der Münchener Straße ein unscheinbarer Eingang, der zur Merkez Moschee führt. Die Gemeinde umfasst etwa 65 Tausend Gläubige. Joel Roy ermittelt mit seinen eindrucksvollen Modellen die Disparität zwischen Eingangswirkung und Nutzfläche. Die Frage schwebt im Raum, ob diese Gläubigen gezwungen sind, sich und ihren Glauben zu verstecken oder ob es ein bewusstes Zurückziehen ist, das in der heutigen Gesellschaft neue Bedeutung erlangen kann.

Ein weiteres Exponat: Ein schwarzer Block mit Lasergravur, den Iva Baljkas gestaltet hat. Die Gravur gleicht einem Schaltplan, bei dem es sich um die Darstellung der Datenleitungen der Frankfurter Börse handelt. Diese Datenleitungen sind keine Architektur, doch bedingen sie diese. Der Ursprung von Architektur ist hiermit nicht mehr aus dem Nutzerbedürfnis heraus sondern aus der Erfüllung rein virtuell bedingter Ansprüche gefordert. Die konkrete Architektur, in Frankfurt als dem weltgrößten Internetknotenpunkt mit entsprechenden Gebäuden vertreten, wird zur Einhausung und Verwaltung immaterieller Herrschaftsansprüche herangezogen. Ein Prozess, der Architektur als (Stadt-)Baukunst zu entwerten droht.

Ein Bild, das Neal Stephenson 1992 in seinem Cyber-Roman “Snow Crash” auf die Spitze treibt. “Snow Crash” ist eine überdrehte Dystopie. Eine Architektur- und Gesellschaftskritik, die die künstlerische Interpretation und Darstellung der Frankfurter Datenleitungen als Black-Box vorwegnimmt und die heute gängige IT-Sprache maßgeblich beeinflusst hat. Die Implikationen, die eine Realisierung der Stephensonschen Dystopie für unser Bauen hat, sind erschütternd, fußen sie doch darauf, dass die Gesellschaft und ihre Architektur einer immer mehr dynamisierten Realität nur noch willkürliche Formalismen entgegensetzen können.

Autor: Paul Mocanu

Arbeits(t)raum. Das Büro der Zukunft

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„Lichtdurchflutete Büroeinheit mit separatem Eingang in Gemeinschaftsbüro zu vermieten. Die Bürogemeinschaft ist im Bereich Werbung, Produktion und Architektur tätig und sucht Zuwachs, gerne auch in einem branchennahen Bereich.“ Willkommen im Trend, genauer gesagt, im Coworking Space. Anzeigen dieser Art lassen sich zunehmend nicht nur in den Städten der Republik – hier gesehen in Düsseldorf – sondern auch in strukturschwächeren Regionen finden. Einen guten deutschlandweiten Überblick bietet die Internetseite www.coworking.de.

Coworking versteht sich als Alternative zu Homeoffices oder eigenen Geschäftsräumen. Insbesondere Kreative, Freiberufler, Entwickler, Tüftler oder kleinere Start-Ups profitieren von den Perpektiven, die Gemeinschaftsbüros oder -werkstätten bieten.

Im Zuge der Entwicklung neuer Arbeitsfelder und -anforderungen, einhergehend mit modernsten kommunikations- und informationstechnologischen Möglichkeiten, verändern sich Arbeitsorte und Beschäftigungsstrukturen. Neue Formen der Selbstständigkeit entstehen.

In Berlin beispielsweise wird ca. alle 20 Stunden ein neues Start-Up ins Leben gerufen. Problem: Möglicherweise eine ausgesprochen gute Idee für ein Geschäftmodell, aber wie finanzieren? Hier sind wir sogleich bei einem der wesentlichen Argumente für die Büroform Coworking, nämlich eine deutliche Senkung und zuverlässige Kalkulierbarkeit der Fixkosten.

Dass das Leben für Existenzgründer kein Ponyhof ist, stellt auch das Berliner Konzept „St.Oberholz“ fest, und bietet zusätzlich zum „Ko-Working“ auch Gastwohnungen, Gaststätte und Verlag als Rundumversorgung für den neuzeitlichen Arbeitsnomaden an.

Ein Coworking Angebot beinhaltet im Regelfall zeitlich flexiblen Zugang zum Arbeitsplatz, bzw. in Absprache mit den jeweiligen Coworkern, Postservices, die obligatorische Büroausstattung wie Drucker, Telefone, Monitore etc., W-LAN Zugang, und einen repräsentativen Konferenzraum.

Wer selbst Hand anlegen möchte, und dem die klassische Büroausstattung nicht ausreicht, dürfte sich beispielsweise in Projekten wie dem GarageLab – FabLab Düsseldorf e.V. gut aufgehoben fühlen. Der Verein unterhält seine communitybasierte Werkstatt im Coworking Space GARAGEBILK und kombiniert Handwerk, digitale Produktion und Elektronik. Neben dem Basteln und Experimentieren im Sinne des Do-It-Yourself-Gedankens, fokussiert das Projekt auch hochtechnologischen Verfahren, dem 3D Print und Rapid Prototyping, zu deutsch: dem schnellen Modellbau.

Rapid Prototyping bedeutet, dass in digitaler Form vorliegende Werkstücke überarbeitet und reproduziert werden können. Die dreidimensionale Umsetzung geschieht z.B. mithilfe des Fused Deposition Modeling (FDM). Bei diesem Verfahren wird Kunststoff erhitzt, dieser verflüssigt sich und dann wird ein Bauteil schichtweise mit der geschmolzenen Masse aufgebaut. Es erhält die gewünschte Festigkeit nach der Abkühlung.

FabLabs im Allgemeinen verstehen sich als offene Werkstätten, die allen Interessierten, unabhängig von Vorkenntnissen oder Herkunft, den Zugang zu Hochtechnologien ermöglichen wollen. 2002 wurde das erste FabLab Labor von dem amerikanischen Physiker und Informatiker Neil A. Gershenfeld am Massachusetts Institute of Technology (MIT) gegründet und die Bewegung breitet sich seither global aus. Privatpersonen oder Arbeitsgruppen werden modernste industrielle Produktionsverfahren für individuellen Einzelanfertigungen, Prototypen oder Kleinserien von Bauteilen zur Verfügung gestellt und ihre Handhabung vermittelt. Zum computergesteuerten Maschinenrepertoire zählen neben den bereits zuvor angesprochenen 3D Druckern und dem Rapid Prototyping beispielsweise auch CNC-Maschinen oder Laser-Cutter.

Kostenkontrolle und Zugang zu neuen Technologien sind wichtige Elemente für den sich abzeichnenden Trendfaktor des Coworking. Doch dies sind nicht die einzigen Standbeine. Gleich auf der ersten Seite der Homepage der GARAGEBILK bringt man es auf den Punkt: „Professionelle Arbeitsplätze gibt es bei uns natürlich. Viel wichtiger aber sind die unbezahlbaren Kontakte, die gemeinsamen Veranstaltungen und Projekte, die Gespräche zwischendurch, die Zusammenarbeit ohne Hierarchien, das tägliche Zusammentreffen von Ideen mit Unternehmern – Wir nennen es Zukunft der Arbeit!“

Zum einen offeriert Coworking ein Maximum an Freiheit und Flexibilität in Abwesenheit von festgelegten Hierarchien, man kann „sein eigenes Ding machen“, Ideen und sich selbst verwirklichen. Trotz geringem Startkapital und mit unsicherer Auftragslage in der Anfangsphase. Zum anderen bedeutet dies allerdings gleichermaßen ein Höchstmaß an Engagement und Eigenverantwortung, um in der Sache erfolgreich zu sein.

Umso wichtiger scheint es zu sein, sich mit Gleichgesinnten austauschen zu können. Das Büro wird zum Ort professioneller Kommunikation in lockerer Atmosphäre. Halb privat und halb öffentlich. Es herrscht teils hohe Fluktuation unter den Mitgliedern solcher Arbeitsgemeinschaften, nichts ist statisch, Wechsel und Veränderungen ermöglichen neue Impulse und Kontakte. Hierbei zählen nicht nur die fachlichen Kompetenzen, von denen die Coworker gegenseitig profitieren können, sondern sie ziehen ebenso Nutzen aus der wechselseitigen Anerkennung der eigenen Arbeit und Fähigkeiten, kurz, sie erfahren soziale Bestätigung. Durch die Synergieeffekte entstehen zudem nicht allein Arbeits- sondern auch Kulturräume.

Ist dies nun nicht nur der Arbeitsraum, sondern tatsächlich auch der Arbeitstraum der Zukunft? Ein Königsweg, um modernen Arbeitsanforderungen und Bedürfnissen gerecht zu werden ? Im Kontext neuer, zunehmend globalisierter Arbeitsformen scheint Coworking zumindest den Bedürfnissen vieler Kreativer und Freiberufler durchaus gerecht zu werden.

Aus soziologischer Perspektive spricht man von dem Phänomen der „Entgrenzung der Arbeit“. Damit gemeint ist eine fortschreitende Auflösung zeitlich, sachlicher sowie räumlicher Strukturen betrieblich organisierter Arbeit. Flexibilisierung und Subjektivierung von Arbeit sind hier weitere Stichworte. Kritisch zu bemerken ist, dass Flexibilität, einhergehend mit maximaler individueller Freiheit, auch zwangsläufig massive Unsicherheiten mit sich bringen kann. Berufliche, finanzielle und private Planung wird komplexer, schwieriger oder gar mittel- bis langfristig betrachtet, unmöglich. Die Betonung des Gemeinschaftssinnes der Coworking-Community wirkt dem zumindest ideell entgegen. Inwieweit sich dies in der Praxis bestätigt, wird die Zukunft zeigen.

         

Architektenportrait Toyo Ito

Wie Toyo Ito zur Architektur kam? Er antwortete auf diese Frage: „Ich habe zuerst die Aufnahmeprüfung für Literatur an der Universität Tokyo gemacht, bin aber durchgefallen, daraufhin dachte ich über das Studium des Bauingenieurwesens nach und erst dann bin ich zur Architektur gekommen. Wichtiger war mir gewesen, dass ich an der Universität Baseball spielen konnte.“

Dass er mit seiner ein wenig zufällig anmutenden Berufswahl goldrichtig lag, würdigte am 29. Mai 2013 auch das Pritzker-Preis Komitee und adelte den Japaner mit der höchsten Auszeichnung der architektonischen Fachwelt. Der Name Toyo Ito steht in diesem Jahr am Ende einer illustren internationalen Liste ausgezeichneter Architekten: Norman Foster, Peter Zumthor, Tadao Ando, Zaha Hadid…um nur einige zu nennen.

Während eines Praktikums im Büro Kiyonori Kikutake Architects and Associates empfand der 1941 in Seoul geborene Japaner erstmals echtes Interesse für die Architektur und schrieb sich 1961 im Fachbereich Architektur an der Universität Tokyo ein.

Das Studium schloss Toyo Ito 1965 als Jahrgangsbester ab und setzte seine Arbeit im Büro Kikutake bis 1969 fort. Eigenen Angaben zufolge arbeitete er dort so viel wie nie zuvor und nie wieder danach in seinem Leben – vor allem an großen Wohnbauprojekten.

1971 gründete Toyo Ito sein erstes Architekturbüro unter dem Namen Urban Robot (URBOT) in Tokyo. Der Name zielte auf eine Symbiose aus Technik und Architektur ab. Es entstand das „Aluminium House“, ein Wohnhaus für die Familie seiner ältesten Schwester mit Anlehnung an die traditionelle japanische Architektur durch ein großes Holzskelett und steile Treppen. Die Tradition brachen allerdings die mit Aluminium verkleidete Aussenwände. Experimentierfreude und ungewöhnliche Ideen erwiesen sich im weiteren Verlauf seiner Karriere als Markenzeichen.

1976 baute Toyo Ito für seine zweite, soeben verwitwete, Schwester das „White U“, von ihm auch „Garden of the Lights“ genannt. Ein Versuch, Architektur als Garten umzusetzen. Ito entwarf einen „Lichtgarten“ zwischen 2 U-förmigen Betonwänden. Aufgrund des einfallenden Lichts entstand durch obere und seitliche Öffnungen im Raum ein schneeweißer Zylinder – im Tagesverlauf ein vielfältig- und farbig projeziertes Lichtspiel. „Projektionen aus Licht machen die Dekoration des Raumes mit Bildern unnötig. Das ist eine Auffassung, die man von einem Architekten wie mir, der Architektur nur in Formen wahrnimmt, erwarten kann.“ Das Leben im Inneren des „White U“ wurde durch Schwere des nach außen hin nahezu fensterlosen Betons von der Umgebung abgeschottet, geschützt.

1979 änderte Toyo Ito den Namen des Büros in „Toyo Ito & Associates, Architects. Drei Jahre später begann er mit der Planung seines eigenen Wohnhauses, dem „Silver Hut“. Dieser Entwurf kontrastierte im Vergleich zum „White U“ mit Offenheit und leichter Materialität. Anstelle von Beton wurde Stahl- und Aluminiumblech verwendet und eine leichte Dachhaut konstruiert. Auch hier wurde das Thema Licht nicht vernachlässigt. „Ich habe angefangen, eine Architektur zu entwerfen, die mit Elementen der Natur, zum Beispiel Licht und Wind, umgeht und sie kontrolliert. Das Projekt, bei dem ich diesen Gedanken zum ersten Mal verwirklicht habe, war mein eigenes Wohnhaus.“ Hier wird die Dynamik deutlich, mit der Toyo Ito seine Architektur den Umgebungsverhältnissen und Bedürfnissen der Bewohner anpasst. Seine Entwürfe folgen den Unterschieden, nehmen sie auf und verwandeln sie in individuelle, adäquate Architektur. Für den Entwurf des „Silver Hut“ erhielt Ito den Preis des Architectural Institute of Japan.

Es folgte ein Vielzahl an realisierten Entwürfen für die unterschiedlichsten Lebensbereiche: Der „Turm der Winde“ in Yokohama (1986), auf der Insel Kyushu das städtische Museum (1989-91), ein Altersheim (1992-94), und eine Feuerwehrstation (1992-95) sind nur einige Beispiele hierzu. Toyo Itos Architektur fand zunächst überwiegend in Japan statt, internationaler baute er erst ab der Jahrtausendwende. In Deutschland entstanden bereits in der 1990er Jahren Bauwerke nach seinem Entwurf. 1991 war er für das Lichtdesign der Frankfurter Oper verantwortlich. 1993 wurde ein öffentlicher Kindergarten in Eckenheim fertiggestellt. Im Rahmen der EXPO 2000 in Hannover erstellte er den „Health Futures“ Pavillion.

Es folgten weitere Projekte in Europa und Asien: Das „Aluminium Brick House“ in Groningen (2005) mit einer holzrahmenverkleidenden Aluminiumstruktur, „VivoCity“ in Singapur (2006) – eine Konstruktion aus bewehrtem Beton und teilweise mit Stahlrahmen konzipiert, sowie das „Hospital Cognaqc-Jay“ in Paris und das „Stadium für die World Games“ in Taiwan, ebenfalls eine Stahlrahmenkonstruktion mit bewehrtem Beton (2009).

Zu seinen wichtigsten Arbeiten zählt laut eigener Aussage die 2001 im japanischen Sendai fertiggestellte „Mediathek“. Im Wesentlichen ist die Mediathek Kunstgalerie und Bibliothek. Doch sie unterscheide sich auf viele Arten von konventionellen öffentlichen Gebäuden. Der Gedanke war feste Barrieren zwischen den verschiedenen Medien zu entfernen. Eine einfache, offene Struktur spiegelt diese Idee wider. Flache Betonplatten in Wabenstruktur werden mit 13 Rohren durchdrungen, die Wände auf jeder Etage auf eine Minimum reduziert – diese eigenwillige Konstruktion zeichnet sich durch hohe Stabilität aus und hielt dem großen Erdbeben 2011 stand. Die unterschiedlichen Funktionsbereiche des Gebäudes können frei auf den offenen Arealen verteilt werden. Mit der Mediathek setzt Toyo Ito erneut einen Grundgedanken seines architektonischen Schaffens um: “Architecture is bound by various social constraints. I have been designing architecture bearing in mind that it would be possible to realize more comfortable spaces if we are freed from all the restrictions even for a little bit.“

2011 eröffnete in Imabari, auf der japanischen Insel Omishima das von ihm selbst entworfene „Toyo Ito Architekturmuseum“. Es besitzt die Form eines Schiffdecks und ist als dreidimensionales graphisches Objekt aufgebaut, in dem mehrere Ebenen aus Stahlplatten konstruiert wurden. Auch im Inneren sind schräge Wände mit unterschiedlichen Winkeln vorzufinden. Trotz – oder gerade aufgrund der starken graphischen Akzentuierung und der massiven stahlbetonten Ausführung – fügt sich der Bau als ästhetisches Statement in die Insellandschaft ein. Der Bau ist der erste in Japan, mit dem sich ein Architekt selbst ein Denkmal gesetzt hat. Ausgerechnet die Form eines Schiffsdecks zu wählen um eine Insel zu bebauen, zeugt erneut von Toyo Itos Fähigkeit, den Charakter eines Standortes zu erkennen und zu wahren.

Damit ist dem Tenor der Pritzker-Preis Jury zu folgen. Sie begründet ihre aktuelle Wahl damit, dass „ Toyo Ito im Laufe seiner Karriere in der Lage gewesen sei, ein Werk zu produzieren, das konzeptionelle Innovation mit hervorragend ausgeführten Gebäuden kombinierte. Er erstellte über 40 Jahre lang herausragende Architektur, Bibliotheken, Häuser, Parks, Theater, Bürogebäude, Pavillons. Jedes Mal versuchte er die Möglichkeiten von Architektur auszudehnen. Dies mit einem einzigartigen professionellen Talent, die Chancen eines jedes Auftrags und jedes Ortes wahrzunehmen und auszuloten.“ Toyo Itos Reaktion: “Wenn ein Bau fertig ist, werden mir jedenfalls schmerzhaft meine eigenen Unzulänglichkeiten bewusst, und das wird in Energie umgewandelt, um mich dem nächsten Projekt zu stellen”.

Kritiker könnten Ito Stillosigkeit vorwerfen, doch auf die Frage, ob Stillosigkeit gar sein Stil sei, antwortete der Architekt: „ Wenn ich es schaffen könnte, stillos zu bleiben, fände ich das am Besten. Was mir zuwider wäre, wäre die Vorstellung von mir, selbst als eines Fertigen, Vollkommenen, am Ende des Weges Angekommenen. Ich möchte immer wieder einen anderen Weg versuchen.“

Genau das ist es, was Toyo Itos Architektur so bemerkenswert macht – die Freiheit, sich natürlichen und menschlichen Aspekten zu öffnen, ihre Heterogenität anzuerkennen und daraus Lebensräume zu schaffen. Der Weg als der Weg und nicht als das Ziel.

Chile

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Chile ist ein Staat im Südwesten Südamerikas und erstreckt sich über eine Länge von 4300 km entlang der Küste des Pazifischen Ozeans. Damit besitzt Chile die längste Küste der Welt und bietet eine große Vielfalt an landschaftlichen Kontrasten. Im Norden des Landes befindet sich die Atakamawüste, die als die trockenste Wüste der Welt gilt. Man könnte demnach leicht annehmen, hier gäbe es nur karges Ödland zu sehen. Dem ist nicht so: mit ihren zahlreichen Salzfeldern, Oasen, Geysiren, Seen sowie den Flamingos in der Lagune Chaxa, gehört die Atakamawüste zu den abwechslungsreichsten Reisezielen in Chile.

In seiner Mitte besticht das Land mit mediterran anmutenden Küsten und überrascht schließlich im Süden mit beeindruckenden Fjorden und Gletschern. Da Chile ein Teil des pazifischen Feuerrings ist, begegnen einem vielerorts Vulkanlandschaften. Im Norden, von der Grenze zu Peru bis südlich der Atacama Wüste, befinden sich eine ganze Reihe aktiver Vulkane. Auch in der Nähe von Santiago de Chile gibt es einige.

Plant man nun eine Architekturreise durch Chile so wird der Ausgangspunkt in aller Regel die Hauptstadt Santiago de Chile, kurz Santiago, sein. Schon deshalb, weil die meisten Flüge aus anderen Kontinenten in diese Stadt führen. Die Hauptstadt Chiles liegt im Zentrum des Landes auf 550 Metern Höhe in einem Talkessel am Fuß der Anden. Da Santiago in einem Erdbebengebiet liegt wurden Teile der Stadt regelmäßig zerstört, so dass sich die Architektur immer wieder erneuert hat. Heute findet man daher neoklassizistische Bauwerke aus der spanischen Kolonialzeit neben moderner Architektur. Im Vergleich zu anderen Großstädten Lateinamerikas geht es Santiago wirtschaftlich sehr gut, was auch in den neuen Bürohochhausvierteln zum Ausdruck kommt. Aktuell wird im Nordosten der Stadt ein Bürogebäude, der Gran Torre Santiago, hochgezogen. Das Gebäude ist schon heute mit seinen 300 m das höchste in Südamerika. Die offizielle Einweihung wird für 2014 erwartet.

Widmet man sich zunächst den älteren Bauwerken, kommt man an einer Besichtigung des Palacio de la Moneda in der Calle Moneda, nicht vorbei. Erbaut von 1786-1812 im neoklassizistischen Stil nach den Plänen des Architekten Joaquín Toesca handelt es sich hierbei ursprünglich um Chiles Münzprägeanstalt. Joaquín Toesca war Italiener der in der Kolonialzeit für den spanischen König in Chile tätig war. Der Palast wurde schließlich durch den Militärputsch von 1973 weltweit bekannt als der damalige General und spätere Diktator Augusto Pinochet den amtierenden Präsidenten Salvador Allende stürzte. Bis heute ist es der Präsidentenpalast. Auffällig ist, das das Gebäude etwa dreimal so breit wie hoch ist, was die Stabilität der Regierung symbolisieren soll. Der Palast umfasst einen ganzen Häuserblock. Dessen Innenhöfe sind zu bestimmten Zeiten für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein weiteres traditionelles Wahrzeichen ist die Iglesia de San Francisco, eine franziskanische Kirche aus dem 16. Jahrhundert, die sich an der Avenida Libertador General Bernardo O’Higgins befindet. Sie ist ein dreischiffiger basilikaler Bau mit Steinfundamenten, Backsteinmauerwerk, Steinstützen, Holzdachkonstruktion und Dachziegeln. Da sie als einzige Kirche sämtliche Erbeben nahezu schadlos überstanden hat, ist sie inzwischen Chiles älteste Kirche. Lediglich der Turm musste mehrmals erneuert werden. Der aktuelle Turm ist im Stil der viktorianischen Architektur errichtet worden. Direkt neben der Kirche befindet sich das ehemalige Kloster Convento de San Francisco.

Ein Gebäude, das einen Brückenschlag zwischen Alt und Neu darstellt, ist das ehemalige Diego Portales Gebäude an der Hauptverkehrsstraße Alameda. Es war ursprünglich unter Salvador Allende errichtet worden und beherbergte Regimeinstitutionen. Das schmucklose und abweisend wirkende Gebäude wurde 2006 durch einen Brand größtenteils zerstört. 2010 wurde es nach Plänen von Cristian Fernandez Arquitectos und Lateral Arquitectura wieder auf- und umgebaut. Heute befindet sich dort ein Kulturzentrum mit Dokumentationszentrum über Kunst und Musik, eine Probebühne und ein großer Vorführungssaal für 2.000 Zuschauer. Die tragende Gebäudekonstruktion besteht aus Stahl- und Sichtbeton. Außerdem wurden Stahl, Glas und Holz eingesetzt. Charakteristisch ist der Einsatz von Cortenstahl in der Fassade. Die rostrote Optik soll symbolisch eine sichtbare Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schaffen. Es lohnt sich im Anschluss ein Spaziergang über die Alameda, da man hier immer wieder auf Häuser im Kolonialstil neben moderner zeitgenössische Architektur stößt – auf Monumente und öffentliche Gebäude, wie z.B. die Nationalbibliothek.

Möchte man von Santiago aus weiter den Norden Chiles bereisen, so kann man einen Flug in die nördlich gelegene Atacamawüste buchen. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit nach Calama zu fliegen. Als idealer Ausgangspunkt zu den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung bietet sich San Pedro de Acatama an. Es ist mit knapp 2000 Einwohnern die bevölkerungsreichste Siedlung der Gegend. Vor Ort kann man die 400 Jahre alte Adobe-Kirche Iglesia de San Pedro und das Archäologische Museum Museo Archéologico Padre le Paige besichtigen. Von San Pedro aus gelangen Reisende, die Interesse an der Geschichte Chiles haben nach Pukará de Quitor. Hierbei handelt es sich um die Ruinen der Flucht- und Wohnburg aus der Zeit von 1300 n. Chr.. Erbaut wurde die Siedlung von den Atacameños, den Gründern der so genannten San-Pedro Kultur. Es gibt noch insgesamt 164 Gebäude, bzw. deren Überreste zu besichtigen. 38 km weiter südlich liegt Toconao, ein kleines Dorf, in dessen Zentrum die Kirche mit dem weißen Glockenturm steht. Der Turm steht separat neben der eigentlichen Kirche. Auch die übrigen Häuser sind aus weißem Vulkanstein (Tuffstein) gebaut und bilden einen malerischen Anblick.

Wer es etwas ungewöhnlicher mag, den reizen möglicherweise die Geisterstädte der ehemaligen Salpeterminen, die man weiter westlich zwischen Antofagasta und Iquique findet. Die Städte entstanden hier Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20 Jahrunderts. Als aber Deutschland als größter Abnehmer während des 2. Weltkrieges nicht mehr beliefert werden durfte, wurde der Abbau eingestellt. Die Arbeiter verließen die Kleinstädte, und man kann heute noch die teilweise zerfallenen, geisterhaft wirkenden Wohngebäude, Freizeiteinrichtungen und Industriebetriebe besuchen. Chacabuco ist eine dieser Städte. Ursprünglich lebten hier 10.000 Menschen. Nachdem die Mine 1938 geschlossen wurde funktionierte Pinochet die verlassene Stadt kurzerhand zum Gefangenenlager um.

Wer abschließend den Norden des Landes bereisen möchte, dem sei unter architektonischen Gesichtspunkten ein Abstecher auf die Insel Chiloé empfohlen, Südamerikas zweitgrößte Insel. Sie ist wegen ihrer Holzkirchen und der typischen Pfahlbauten bekannt geworden und lebt inzwischen überwiegend vom Tourismus aber auch von der Fischerei und Landwirtschaft. Castro ist Hauptstadt der Insel. Die berühmten Holzkirchen der Stadt wurden 2000 zum Weltkulturerbe ernannt. Eine davon ist die Iglesia de San Francisco an der Plaza de Armas mitten in Castro. Eine weitere sehenswerte Holzkirche ist die Iglesia Nuestra Señora de Gracia im 5 km entfernten Ortsteil Nercón, die 1886-90 hauptsächlich aus dem Holz der Coihue-Südbuche, einem besonders feuchtigkeitsresistenten Holz erbaut wurde. Eine weitere Attraktion sind die so genannten Palafitos. Das sind die Pfahlbauten am Strand, in denen überwiegend Fischer wohnen. Um die Erreichbarkeit mit dem Boot zu erleichtern, wurden sie direkt an den Strand ins Wasser gebaut. Sie besitzen in der Küche eine Klappe nach unten zum Strand bzw. Meeer, so dass die gefangenen Fische direkt vom Boot aus am Ort ihrer Bestimmung abgeladen werden können. Auch die einfachen, bunten Holzhäuser im ländlichen Chiloé verfügen über eine Besonderheit. Sie sind so leicht konstruiert, dass eine Familie mitsamt des Hauses umziehen kann. Regelmäßig werden die Häuser mittels Ochsenkarren und vieler helfender Hände umpositioniert. Chile bietet also über seine gesamte Länge sowohl in landschaftlicher als auch in kultureller und architektonischer Hinsicht vielfältige Ausflugsziele und hat letztlich noch jeden Besucher in seinen Bann gezogen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Chilenen als besonders gastfreundliche Menschen gelten.

Autorin: Eva Kruse-Bartsch